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Buchtipp
Irina Wolf:
Das rumänische
Theater im 21. Jahr-
hundert. Freie Szene
und neue Wege.
Frank und Timme,
2022. 102. S.
Das rumänische Theater
erlebt seit 2010 zwei
ent-
scheidende Veränderun-
gen: die rasante Entwi-cklung der freien
Szene
und einen großen Innova-tionsschub im Bereich der
staatlich
geförderten Kul-
tur. Die freie Szene Ru-
mäniens präsentiert sich
experimentierfreudig und
innovationsstark und über-
nimmt
wesentliche Aufga-
ben des kulturellen Le-
bens. Dieser Band bietet
einen umfassenden Über-
blick zu Entstehung und
Entwicklung freier
Thea-
tergruppen sowie zu Thea-
terneugründungen im
Land und zu
inter- und
transdisziplinären Progr-
ammen an rumänischen
Universitäten. Darüber
hinaus stellt er wichtige
Vertreter der
Generation
der in den 1980er-Jahren
Geborenen vor, darunter
die
Regisseure Carmen
Lidia Vidu, Catinca Draga-
nescu, Bobi Pricop
und
David Schwartz. Ihrer
Kreativität und Flexibilität
verdankt
die neue rumä-
nische Theaterwelt wes-
entliche Impulse. Ein
be-
sonderes Verdienst die-
ses Buches ist die Be-
rücksichtigung der
unga-
rischen Minderheit sowie
eine ausführliche Besta-
ndsaufnahme
des Roma-
Theaters in Rumänien.
Aus unserem Archiv
.
Das Auge des Hurrikans
.
An Chile wurde in den
1970er Jahren das Para-
digma des Freien Welt-
marktes getestet. An-
fang der 80er Jahre
wurde dieses Paradigma
auf rund 90 Ökonomien
in sogenannten 'Ent-
wicklungsländern' über-
tragen. Diese "Struktur-
anpassungs-Programme"
führten jedoch oft zu
noch mehr Ungleichheit,
Armut und Umwelt-
schäden. (Walden
Bello, 01. 05. 2007)
Was heißt Globalisierung?
...
Das Zeitalter der Glob-
alisierung ist gekenn-
zeichnet von rasanten
Veränderungen. Das
lässt sich leicht an
Indikatoren wie Welt-
handel und Auslands-
investitonen, der Ent-
wicklung im Verkehrs-
und Kommunikations-
wesen oder der Anzahl
von internationalen
Konzernen ablesen.
Begleitet werden diese
Veränderungen von
einem tiefen Unbehagen
darüber, dass die Kluft
zwischen Arm und Reich
immer
noch größer wird,
die Zerstörung der Bio-
sphäre fortschreitet
oder sich der Einfluss
der Mediengiganten
kontinuierlich ausweitet.
(Reinhold
Wagnleitner,
01. 03. 2003).
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Neue Texte
Kein Gut ohne Böse, kein
Weiß ohne Schwarz
"Das Leben ist in Farbe, aber Schwarzweiß ist
realis-
tischer", mit diesem Zitat aus einem
Film des deut-
schen Regisseurs und Fotografen Wim Wenders begin-
nt
das fast 400 (!) Seiten dicke Programmbuch der
diesährigen 52.
Ausgabe der Theaterbiennale
von
Venedig, die vom 15. bis 30. Juni stattfand. Es war
die letzte des Kuratorenduos Stefano Ricci
und Gianni
Forte, die von Anfang an verschiedene Farben als
Motto wählten. Nach Blau, Rot
und Grün folgte absch-
ließend "Schwarz und Weiß". Der Kontrast
"zwischen
Gut und
Böse im ewigen Streben des Menschen nach
Perfektion", aber auch
"die Fähigkeit,
Andersartigkeit
zu akzeptieren" waren die Leitsätze, nach denen
sich
die Auswahl der Produktionen richtete.
(Irina Wolf,
20. 08. 2024)
Anregende Kuchenstücke für
Kulturdiplomatie
Der Empfang ist unglaublich: Mit schwarzem T-Shirt
und
rosa Sackerl sind
Jugendliche auf zwei Reihen im
Theaterfoyer verteilt, die
sich gegenüberstehen. Ich
schaffe
es nicht lange, mich an den lächelnden
Gesich-
tern der jungen Freiwilligen zu erfreuen. Dass auf
dem
Boden
zahlreiche Fotos verstreut liegen, bemerke ich
erst, als ich fast
ausgerutscht wäre.
Mihai Nistor hat
die Bilder letztes Jahr während des
weltweit renom-
miertesten Festivals d'Avignon
aufgenommen, an dem
das
Matei-Vişniec-Stadttheater mit zwei Produktionen
mitwirkte. Eine
ausgefallene Art, eine Fotoausstellung
zu organisieren. Auf
diese abenteuerliche Weise star-
tete
mein kurzer Aufenthalt beim Festival "Die
inter-
nationalen Tage des Matei-Vişniec-Stadttheaters",
das in diesem Jahr vom 11. bis 19. Mai
stattfand.
(Irina Wolf,
18. 07. 2024)
Geheimnisse, Tänzer und blutende
Herzen
Die
Bukarester Theaterszene besticht erneut mit ihrer
enormen Vielfältigkeit. Vorgestellt werden drei Stücke,
zum Thema haben sie unter anderem die Wahrnehmung
der
Z-Generation, den Sporttanz als autobiografische
Selbstreflexion sowie den Ödipus-Mythos. Schon die
erste
Aufführung beginnt visuell stark: Ein riesiges rotes
Herz füllt die Bühne des Odeon-Theaters. Regisseurin
Carmen Lidia Vidu und Bühnenbildner Adrian Damian
entschieden sich für ein
Gemälde von Roman Tolici, um
Menschen der Z-Generation für die
Aufführung Das
zerbrechliche Gefühl der Hoffnung zu gewinnen,
da es
darin um autobiografische Geschichten geht, die von
Gleichaltrigen geschrieben wurden. Die Spannweite der
Themen reicht von sexuellem Missbrauch und psych-
ischen Erkrankungen über die
Beziehung zur Religion
oder zum eigenen Körper bis hin zum Verlust eines
Elternteils und den Umzug in ein anderes Land vor
dem Hintergrund der
Wirtschaftsmigration...
(Irina Wolf,
14. 06. 2024)
O mei, o mei, o mei ... It's
all about Konjunktiv Zwei
Thomas Mann hatte seinen
"Zauberberg". Den Ort
der "horizontalen
Lebensweise". Jules Verne hatte
seine "Geheimnisvolle
Insel", Olaf Scholz hatte sein
"Sondervermögen",
Al Capone eine magnetische
Geldbörse und Karl May den
"Schatz im Silbersee",
den sich so mancher
aneignen wollte. Jetzt ist er
weg. Jetzt ist vieles weg.
Aber nicht ganz...
(Vasile V. Poenaru,
20. 05. 2024)
Erstklassiges
ungarisch-rumänisches Potpourri
In Sfântu
Gheorghe war ich zu Gast bei der ersten
Ausgabe des "SEPSI
Theatre
Showcase", das vom 14.
bis 27. März die bemerkenswertesten
Produktionen aus
dem Repertoire beider städtischer Theater in
den Vor-
dergrund stellte. Die abwechselnde Programmgestaltung
an einem Abend im rumänischen und am nächsten im
ungarischen Theater
ermöglichte es auch den Schau-
spielern, die Aufführungen ihrer
Kollegen zu sehen.
Gezeigt wurden 14 Produktionen, in zwei Sprachen
übertitelt,
von denen ich mir sechs angeschaut habe.
(Irina Wolf,
30. 04. 2024)
Theater in Bukarest 2023
Vielfältig, abwechslungsreich und lebendiger denn je.
So könnte
man die Theaterszene
des letzten Jahres in
der rumänischen Hauptstadt beschreiben.
Hier sind vier
Produktionen
aus der Menge an Inszenierungen, an die
man sich erinnern
sollte.
(Irina Wolf,
20. 03. 2024)
Wie ein Buch zum Buch
wird
Once upon a
time, der Herr Mai war gekommen,
stellte
sich der kanadische Schriftsteller Yann Martel im
Rah-
men einer kurzen Lesung
in der Chapters Buchhandlung
der anspruchsvollen
Bayview Village Mall in Toronto
den
Fragen
der "Menge",
seines Lesepublikums.
Seit
Martel
mit dem 2001 veröffentlichten Roman Life of
Pi (Schiff-
bruch mit Tiger) diesseits wie jenseits des Atlantischen
Ozeans den Durchbruch
schaffte, war Martel bereits
nicht nur in Kanada ein Begriff. Dem vielfach ausgezei-
chneten Erfolgsautor durfte nun der Toronto-Durch-
schnittsleser, die eine große Geschichte und die
vielen
kleineren, sie umkreisenden Geschichten im Sinn, mal
so richtig auf
den Zahn fühlen. "Bücher schreiben:
Wie
macht man das?", kam denn auch bald die unver-
meidliche Frage.
(Vasile V. Poenaru,
28. 02. 2024)
Vielfalt feiern am
Nationaltheaterfestival Bukarest
Schon beim Betreten des Theatersaals wird uns ganz
schnell klar:
Das ist keine
klassische Darbietung. Vor
allem fallen die mit kleinen Lampen
ausgestatteten
acht Tische
vor der Bühne auf. An einem davon nehme
ich Platz. Zwischen uns
spaziert die junge Schauspie-
lerin Oana Jipa. Mit einer Frisur der
Kabarettlandschaft
im frühen 20. Jahrhundert
und schwarzem Anzug eröf-
fnet Jipa als Animatorin, vor einem
geschlossenen
roten
Vorhang stehend, den Theaterabend. Das von Regis-
seur Eugen
Jebeleanu präsentierte Stück La Ronde füg-
te sich
gut in das vom Kuratorenteam für die diesjäh-
rige 33.
Ausgabe des Nationaltheaterfestivals vorge-
schlagene
Konzept. Mit "Laboratories of the Sensitive"
traf es
seine Auswahl im Zeichen aktueller thematisch-
er
Forschung, unkonventioneller künstlerischer
Theat-
ersprachen, neuer Formen der Dramaturgie und der
szenischen Aufwertung des Körpers.
(Irina
Wolf,
27. 01. 2024)
Sprachzauber an der Oos
Ja, das ist, wenn man's recht
bedenkt, ein bisschen
wie falling in love with the careless
man's careful
daughter. "The best
thing that's ever been mine."
Die Oos in
Baden-Baden: ein Bächle
once upon a
time. Darüber der unwahrscheinlich
spektrumreiche
Regenbogen
unserer in den schönen Mäandern
des
Konjunktivs wundersam destillierten Märchenwelt.
Es war
einmal ... Nu höret, wie es sich
māret.
(Vasile V. Poenaru,
03. 01. 2024)
Theater in Iaşi:
Weiblich, männlich oder...?
Willkommen
in Iaşi, lieber Besucher! Du bist wohl von
weit her angereist, denn meine
Heimatstadt liegt 20
Kilometer westlich der Grenze zur Republik
Moldau und
etwa 400 km
Luftlinie nördlich von Bukarest. Ach, ich
habe vergessen, mich
vorzustellen: Ich bin das
Inter-
nationale Festival für junggebliebenes Publikum (FIT
PTI).
Vor sechzehn Jahren kam ich auf
die Welt. An-
fang Oktober bin ich sieben Tage lang besonders
aktiv.
So bot ich auch dieses
Jahr mehr als 150 Veranstal-
tungen an 20 Orten, darunter
Sprechtheater, Perfor-
mances, VR-und Radiotheater, Lesungen, Buchvorstel-
lungen, Ausstellungen,
Workshops, Konferenzen,
Debat-
ten. Mit diesem vielfältigen Angebot fügt meine Mutter,
die
Theaterkritikerin Oltiţa
Cîntec, künstlerischen An-
spruch sowie Unterhaltung bestens
zusammen und be-
geistert auch mit Aufführungen im Freien das Publikum.
(Irina Wolf,
10. 12. 2023)
Kriegsteinsauf'nDeckel
und Al Capone im Land der Oos
Eins vorweg, meine hochverehrten,
überdurchschnitt-
lich belesenen Online-Scharen im
Dickicht unserer
Stick-and-Stones-Simulationfauchen des
Daseins und
der
bisweilen damit sporadisch verbundenen
Gedanken-
züge. Es ist dies eine Geschichte, so
wie sie, die
Ge-
schichten, heutzutage kaum je mehr erzählt werden.
Sie stammt
aus jenen
fernen Zeiten, da Mythos und
Wirklichkeit
noch tief ineinander drangen. Jetzt
läuft’s
bekanntlich ungleich
drastischer. Wirklichkeit ist das,
was wir sagen, und
Mythos, oh well,
des is des, wos
die anderen sog’n.
Und nun mal gut zuhören!
(Vasile V. Poenaru,
26. 11. 2023)
Auf der Suche nach einem
Zuhause
Bereits zum 14. Mal fand heuer das Festival "dráMA"
in Odorheiu
Secuiesc statt. Die
Stadt, deren Volkszäh-
lung 2021 bei etwa 31.000 Einwohnern lag,
ist eines
der kulturellen
Zentren des Széklerlandes in der rumä-
nischen Region
Siebenbürgen. Mit rund 27.000 Szék-
lern,
3.000 Roma und nur 700 Rumänen stellt die un-
garische Minderheit
Rumäniens die Mehrheit der
Bevöl-
kerung in Odorheiu Secuiesc. Je zwei Produktionen pro
Tag
wurden vom 18. bis 23.
September im Hauptsaal
des lokalen Kulturhauses – der
Spielstätte des orts-
ansässigen
"Tomcsa Sándor"-Theaters – und im kleine-
ren Studiosaal gezeigt.
(Irina
Wolf,
09. 11. 2023)
Überlebensstrategien in der
Sicherheitszone
Vierzehn Tage lang wurde im rumänischen
Piatra
Neamţ das lokale Theater der Jugend zum
Schauplatz
kultureller Ereignisse. Sechs internationale
Darbietun-
gen, mehr als zwei Dutzend einheimische
Produktionen,
multimediale Installationen,
Filmprojektionen, Tanz-
und Outdoor-Performances,
Buchvorstellungen und
Ausstellungen gehörten zum
abwechslungsreichen
Programm.
(Irina
Wolf,
17. 10. 2023)
Don Quijote in Flammen setzen
Als wichtiges Zentrum für den Kulturtourismus
in Italien
ist Ravenna bekannt für
seine einzigartigen Mosaiken,
die zum UNESCO-Weltkulturerbe
zählen. Doch ich
ver-
binde das Städtchen im Osten der italienischen Provinz
Emilia-Romagna mit unvergesslichen
Momenten und
besonderen Menschen. Ermanna Montanari und Marco
Martinelli, die
Mitbegründer und künstlerischen Leiter
des Teatro delle
Albe/Ravenna Teatro, schaffen es
immer wieder, sensationelle Theaterprojekte ins Leben
zu rufen.
Besonders bemerkenswert
dabei ist, dass
Hunderte von Bürgern der Stadt, ja sogar
experimen-
tierfreudige
Theaterliebhaber aus anderen Regionen
Italiens, an dem
Unterfangen der
beiden charismati-
schen Künstler mitwirken.
(Irina
Wolf,
08. 09. 2023)
Dinosaurier & Komödien:
Showcase in Großwardein
Immer mehr Theater in Rumänien organisieren sechs-
tägige
Mikro-Saisonen, um ihre
Produktionen zu be-
werben. Dies gilt auch für das
Szigligeti-Theater in
Großwardein (Oradea).
Zwischen dem 13. und 18.
Juni zeigte die Mikro-Saison nicht
weniger als zwölf
Produktionen
– bis zu drei pro Tag – in einer Art
Präsentationsplattform für
das lokale Publikum
sowie
für die zu diesem Anlass eingeladenen Fachleute.
(Irina
Wolf,
13. 08. 2023)
Theater für den Frieden
im Nordosten Rumäniens
Als eines der jüngsten Theater Rumäniens lässt sich
die
Einrichtung in Suceava,
Zentrum der historischen
Region Bukowina, bezeichnen. Höhepunkt
der Saison
des 2015
gegründeten und nach einem bekannten
französischen Dramatiker
rumänischer Herkunft
be-
nannten Stadttheaters ist das internationale Festival
"Die
Tage des Matei-Vişniec-Theaters".
Vom 18. bis
28. Mai vereinte die diesjährige Ausgabe 64
Veran-
staltungen unter dem
Motto "Frieden", ein Thema,
das zumindest in diesem Teil der
Welt in den letzten
Jahrzehnten dringender denn je zu sein scheint.
(Irina
Wolf,
17. 07. 2023)
"Ich
will Wahrhaftigkeit erzeugen"
Nikolaus Habjan ist Theater- und Opernregisseur, Pup-
penspieler
und -designer und
genießt auch als Schau-
spieler und Kunstpfeifer hohes Ansehen.
Der 1987 ge-
bürtige Grazer
studierte Musiktheaterregie an der Uni-
versität für Musik und
Darstellende Kunst in Wien. Im
Alter von fünfzehn Jahren
sammelte Nikolaus Habjan
bereits erste Erfahrungen im
Bereich des Puppenthea-
ters. Vom australischen Puppenspieler Neville Trantner
erlernte er den Umgang mit sogenannten Klappmaul-
puppen, die er
in seinen Inszenierungen verwendet.
2012 debütierte er
am Burgtheater mit Fool of Love,
eine Produktion nach Shakespeares Sonetten. Habjan
wurde mit
mehreren Preisen ausgezeichnet.
Mit seinen
Inszenierungen mit Puppen und Schauspielern war er
an
zahlreichen großen Bühnen zu
Gast, unter anderem
am Wiener Volkstheater, am Münchner
Residenzthea-
ter, im Schauspielhaus Zürich oder an der
Oper
Dortmund.
(Irina
Wolf,
30. 06. 2023)
Kleine Bühne, furioses
Trio
Mehrfach wegen Corona verschoben, hat es Thomas
Perles "karpatenflecken", sein 2019 mit dem Retzhofer
Dramapreis ausgezeichnetes Stück, nun endlich zur
österreichischen Premiere ins Burgtheater geschafft,
nachdem es Ende 2021 am Deutschen Theater in Berlin
uraufgeführt wurde. Drei Frauen aus drei Generationen
– Großmutter, Mutter, Tochter – kommen in "karpaten-
flecken" vor. Über 250 Jahre erstreckt sich ihre Famili-
engeschichte: Von der Besiedlung Nordrumäniens durch
Wischaudeutsche aus der Steiermark durch Maria The-
resia und deren Zwangsmagyarisierung bis hin zum
Ende der kommunistischen Diktatur unter Ceauşescu
und einem Neuanfang in Westeuropa.
(Irina
Wolf,
13. 06. 2023)
Sechstätiger Showcase am
Nord-Theater in Sathmar
Höchst selten bekommen wir einen Hund auf der Bühne
zu sehen, noch dazu
einen wunderschönen Schäfer-
hund! Mit dieser Überraschung hat das
Publikum der
Woyzeck-Aufführung der ungarischsprachigen Gruppe
"Harag György" am
Teatrul de Nord im rumänischen
Sathmar definitiv nicht gerechnet. Mit der auf der
Bühne wiedergegebenen Beziehung
zwischen dem Pro-
tagonisten
und dem Vierfüßler Paco wird das Trauma
des
von Brutalität gekennzeichneten Lebens von Woy-
zeck besonders hervorgehoben.
Dieses Stück, das
durch seine einzigartige
Ausdruckskraft besticht, ist
aber nur eines von fünf
weiteren bemerkenswerten
Produktionen, mit denen der
Showcase des Nordthea-
ters beeindruckte, welcher vom 28.
März bis 2. April in
Sathmar (Satu Mare), der Hauptstadt
des gleichnami-
gen Kreises im Nordwesten Rumäniens,
stattfand.
(Irina
Wolf,
13. 05. 2023)
In the heart of Kleinmünchen
Die Straßenbahn Nummer Eins hat den intelligentesten
Strom
Europas über die
gerade mal nur mäßig befah-
rene
Nibelungenbrücke überquert und bahnt sich nun
ihren
ungefähren Weg durch die traute Dämmerung.
Bald wird es regnen.
Das Stadtbild hat
sich verdunkelt.
Die Donau fließt weiter
nach Wien und Budapest und
dann noch weiter bis
Bulgarien und Rumänien. Es dau-
ert nur ein paar Tage bis zu den
fröhlichen lieben Pe-
likanen,
Kormoranen und Mücken im Donaudelta, denn
seit Heraklit wissen
wir, dass jeder Fluss
seiner Mün-
dung entgegen strömt. Außer dem Fluss der Sprache,
versteht sich. Der fließt in viele Richtungen. Je nach-
dem. (Vasile V. Poenaru,
27. 04. 2023)
Scheiternde Gesellschaft, blühende
Poesie
Bereits seit mehreren Jahren zeigt sich im deutsch-
sprachigen
Raum ein
wachsendes Interesse an der
spanischen Gegenwartsdramatik.
Einen wichtigen Bei-
trag
zur Bekanntmachung spanischsprachiger Theater-
stücke leisten die
Veröffentlichungen von
Franziska
Muche und Carola Heinrich in der Reihe "Drama
Pano-
rama" beim Berliner Neofelis
Verlag. Nach der Heraus-
gabe des Bandes Mauern fliegen in die
Luft. Theater-
texte aus
Argentinien, Chile, Kolumbien, Kuba, Mexiko,
Spanien und Uruguay
(2021), ist nur ein
Jahr später
pünktlich zur Frankfurter Buchmesse (mit Spanien als
Gastland) die
Anthologie Schattenschwimmer. Neue
Theatertexte aus Spanien
erschienen.
(Irina Wolf, 19. 03. 2023)
Sinnstiftung und Entfremdung der
Generationen
Fünfzehn
Personen auf der Bühne, eine Aufführungs-
dauer von drei
Stunden, eine Live-Kamera, eine Span-
nung erzeugende
Hintergrundmusik (Călin Ţopa) und
ein ausgefeiltes
Bühnenbild (Cosmin Florea): In der
Inszenierung
Exil von Alexandra Badea im National-
theater Bukarest
wird nicht gekleckert, sondern an-
ständig geklotzt. Die
in Rumänien geborene Theater-
und Filmregisseurin hat
sich in den letzten zwanzig
Jahren in Frankreich als
eine der interessantesten
Stimmen der jungen Dramatik
etabliert.
(Irina
Wolf,
11. 02. 2023)
Frau Hamlet, charmant und mehrdeutig
"Es ist ein
Versprechen, das ich mir selbst gegeben
habe, als ich Hamlet
zum ersten Mal inszenierte, näm-
lich diesen Klassiker alle
zehn Jahre neu zu betrachten,
um zu verstehen, wo ich stehe,
nicht nur in Bezug auf
Shakespeares Text, sondern auch auf
meinen Beruf als
Theaterregisseur." Mit diesen Gedanken ging
Antonio
Latella ans Werk, Hamlet zum dritten Mal in
seiner Kar-
riere auf die Bühne zu bringen. Der international
be-
kannte italienische Regisseur wählte einen philologi-
schen
Ansatz und wagte es, das Stück in seiner vol-
len Länge zu inszenieren. Dabei wurde er von einer
originalgetreuen und
zugleich modernen Übersetzung
von Federico Bellini und der
Dramaturgie von Linda
Dalisi unterstützt. Das Ergebnis ist ein
komplexes
Werk, das es schafft, Shakespeares Geist
wieder-
zugeben.
(Irina
Wolf,
20. 01. 2023)
Das Erbe von Bayview
Village
In einer
kleinen Fabrik im nördlichen Teil von Toronto
werden Träume konserviert. Der Jahresumsatz beträgt
volle sieben Milliarden
Dollar. Davon gehen
drei Milliar-
den an Electronic Dreams, die
berühmte Firma aus Los
Angeles, die per
Eilpost Empfindungen und Gefühle in
Binär Codes verwandelt, um
aus diesen wiederum
freundlicherweise in trauter Form von Lust und Unlust
mehr Wert
für die Menschen
zu schöpfen. Mehr
Genuss. Mehr Zeit. Mehr Sinn. Mehr
Glückseligkeit:
höhere Umsätze für Herz und Geschäft.
(Vasile
V. Poenaru,
24. 12. 2022)
Im roten Meer der Liebe
Mit einer
Aufzählung, welche Arten des Liebens es
gibt, regt Pippo Delbono in seiner neuesten
Produktion
Amore zur Liebe an. Delbono
ist dabei selbst eine Welt
für sich. Eine Welt, die er mit Großzügigkeit
auf der
Bühne offenbart. Jede Wunde, jeder Schmerz, das
Lei-
den, die Depression, der Tod, die Intimität. All das
wird in einer zugleich ausgefallenen und wunder-
schönen
Performance über Leben und Tod auf die
Bühne gebracht.
Das Publikum wird Zeuge einer in die
Geschichte
verstrickten Biografie. Der Künstler schafft
es, den
Zuschauern ein Gefühl von Freiheit, Improvi-
sation,
Unberechenbarkeit zu vermitteln.
(Irina
Wolf, 15.
12. 2022)
Trends im zeitgenössischen
rumänischen Theater
In seiner 32. Ausgabe
zeigte das Nationaltheaterfes-
tival Bukarest (NTF) vom
5. bis 13. November die bes-
ten Produktionen der letzten Saison
sowie mehrere
aus
dem Ausland eingeladene Performances. Das
Kurato-
renteam um Mihaela Michailov, Oana Cristea Grigores-
cu und Călin
Ciobotari brachte frischen Wind ins Pro-
gramm –
zum einen mit der Sektion "Fragile Grenzen",
in deren Fokus die Thematisierung hybrider Ästhetiken
stand. Zum anderen mit dem Themenkomplex der "Flie-
ßenden Übergänge". Dieser sollte unser Verhältnis zur
Geschichte neu beleuchten und die Gegenwart in
Frage
stellen. Dabei wurden kollektive und familiäre
Erinnerungen aus subjektiven Blickwinkeln
betrachtet
und kontroverse Episoden der 'offiziellen' Geschichte
hinterfragt. (Irina
Wolf, 25.
11. 2022)
Angekratzte Zukunft: The Toronto
Connection
Einen Handschlag. Ein freundliches Gesicht. Einen
offenen
Blick würde jeder gern erleben. Wir sind zivi-
lisiert, verbergen unsere
Gefühle. Wir sprechen ver-
schiedene Sprachen, verwenden stets die eine. Wir
lieben uns nicht. Wir hassen uns nicht. Wir fahren aus-
einander.
Wir gehen ineinander. Immer wieder. Vor uns
liegt die spontane
Zusammenfassung einer gewagten
Deutung der weltoffenen
Gesinnung, die den Begriff
Großstadt ziert. Mitunter kommt
es wie andernorts
auch in Toronto vor, dass
sich der Mensch
kurzfristig
zum Mitmenschen entwickelt. Dann entsteht so etwas
wie ein Gefühl,
dass man dazugehört, wo man nicht
zugehört... (Vasile
V. Poenaru, 18.
11. 2022)
Bunter Stoff für offene Herzen
Mit
genial-verschrobenen Kunststücken wie dem Auf-
tritt eines
Drachen lud die 15. Auflage des Internatio-
nalen Theaterfestivals für junges Publikum
vom 1. bis
9. Oktober in Iaşi
zur Zusammenkunft ein. Unter dem
Motto "Konflikt-Konfrontation" startete Kuratorin Oltiţa
Cîntec ein "Abenteuer der Rezeption unterschiedlichster
Kunstformen". Das vielfältige Programm umfasste
Schau-
spiel- und Straßentheater, Clownshows, Radiotheater,
Shows
auf TikTok, Konzerte, Filme und Installationen.
Ein
dichtes Rahmenprogramm von Ausstellungen und
Workshops, Konferenzen und Buchpräsentationen bis
hin zu Debatten rundeten das abwechslungsreiche
Angebot ab.
(Irina
Wolf, 02. 11. 2022)
Panta rhei
–
Wasserkraft und Sprachgewalt for future
Der Main: "Das unentdeckte
Österreich ist eine reine
Erfindung. Das hat sich der Dichterling
zusammenge-
reimt, wie hieß er denn gleich, der Menasse." Vater
Rhein: "Nein. Der Gauß." Die Donau: "Johann Strauß?
Ach! Ein fescher Mann." Die Seine: "Sehr musikalisch
veranlagt." Vater Rhein: "Gauß." Die Donau: "Ach so!"
Der Main: "Stimmt. Der Gauß.
Ich glaube, die Salzach
erzählte einmal auf irgendeinem Hydraulik-Kongress,
er sei der beste Schwimmer weit und breit." Vater
Rhein: "Und ein redlicher
Europäer." Die Donau: "Un-
seren Gauß lese
ich immer gerne. Der ist nämlich ein
ganzer Kerl." Die Seine: "Ja, weil er mal von Ihnen
behauptet hat,
Sie seien der intelligenteste Fluss
Europas."
(Vasile
V. Poenaru,
23. 09. 2022)
Die Liebe, die kreisen macht Sonne
und Sterne
"Was ist das
Paradies? Wer lebt dort? Gibt es Bauern?
Pflügen sie die Erde?
Wissen
sie, dass ich auch kom-
men werde?" All diese Fragen und mehr
stellt ein in
weiß gekleidetes
Mädchen, das sich im Garten Eden
befindet. Tatsächlich handelt
es sich um den Volks-
garten in
Ravenna, einen zauberhaften Ort, ausge-
wählt von Ermanna
Montanari und Marco Martinelli für
ihre Umsetzung von Dante Alighieris Das Paradies. Mit
dem
letzten Teil der Göttlichen Komödie
endet die
Reise, die das 1983 von Martinelli und Montanari
ge-
gründete Teatro delle Albe
2017 mit der Hölle begon-
nen und 2019 mit dem Fegefeuer
fortgesetzt hat.
(Irina
Wolf, 24.
08. 2022)
Bande meiner Kindheit
Ach! … Freunde! Gebt mir
einen Stützpunkt, und ich
hebe euch den Pöstlingberg aus den Angeln. Gebt mir
ein Foto, ein Klassenfoto, und ich erzähle euch die Ge-
schichte einer Kindheit. Lasst mir Luft, dass ich reden
kann! Oberösterreich: der Mittelpunkt der Welt. Das
haben schon die alten Kelten gemerkt. Oberbreiten-
straße: Traun. Lunzerstraße: Linz. Die Schleife der
Einser. Da: unmittelbar am Tatort. Drei Flüsse woh-
nen, ach! in meiner Kindheit: Der Mühlbach, die Traun
und unsere schöne blaue Donau. Und ich gehe zum
Ring, den es nicht mehr gibt; und ich kaufe mir einen
Doppellutscher, der mittlerweile freilich längst ge-
schmolzen ist... (Vasile
V. Poenaru, 14.
08. 2022)
Im Labyrinth unserer eigenen
Verwundbarkeit
Die 50. Ausgabe der
Theaterbiennale von Venedig
präsentierte vom 24. Juni
bis zum 3. Juli einige der
renommiertesten Namen der
zeitgenössischen inter-
nationalen Szene. Im zweiten Jahr
seiner Intendanz
setzte das Kuratorenduo Stefano Ricci
und Gianni
Forte seinen auf Farben basierenden Ansatz
fort.
Auf
das Motto "Blau" von 2021 folgte dieses Jahr "Rot",
um 2023 mit "Grün" und
schließlich ein Jahr später mit
"Schwarz-Weiß" fortgeführt zu werden. Laut
ricci/
forte ist "die deutsche Sprache am besten geeignet,
um das zentrale
Thema auszudrücken", denn "ROT
hat einen harten Klang."
(Irina
Wolf,
24. 07. 2022)
Theater in Kriegszeiten
Mit der russischen
Invasion der Ukraine am 24. Februar
wurden alle
Kulturveranstaltungen
abgesagt. In den
ersten Wochen versuchten die Künstler
ehrenamtliche
Arbeit zu leisten, doch
mit der Zeit wurde ihnen be-
wusst, wie wichtig es ist, "die
künstlerische Front"
wiederherzustellen:
"Wir hatten alle Pläne. Nach
dem 24. Februar kam es gar nicht in
Frage, irgend-
etwas mit Theater
zu machen. Das Schlimme daran
war, dass wir nicht wussten, wie
lange dieser Zu-
stand dauern
wird", sagt Theatermacher Dmytro Nau-
mets. Doch dann fing er an,
Schauspiel-Trainings
an
der Ukrainisch-Katholischen Universität in Lemberg
zu
organisieren...
(Irina
Wolf,
14. 07. 2022)
Eine duale Perspektive der Karpatenseele
Münzen
weisen jeweils zwei Seiten auf, Teilchen
bestehen nur in
Zusammenhang mit einer entsprech-
enden elektromagnetischen Welle, und eine deftige
Karpatensuppe ist
ohne die dazugehörige Karpaten-
seele nicht zu denken. You can
take the girl out of
the
Carpathian
Mountains, but you cannot take the
Carpathian
Mountains out of the girl. Dies
ist die
Ge-
schichte einer großen Liebe am Berg. Ein
Kristallisa-
tionspunkt des Seins.
A poetic discharge. Dessen bin
ich mir sicher. Ich war an Ort
und Stelle.
(Vasile V.
Poenaru, 18. 06. 2022)
Super-Karpaten-Kartenspiel
Ja, gepokert wurde auch mal gerne. Aber nur so zum
Spaß. Um symbolische Einsätze. Der Stimmung wegen.
Und möglicherweise wenigstens zum Teil auch der
guten alten Wahrscheinlichkeitslehre zuliebe, was
sich
jetzt aber – nach all den vielen Jahren – freilich
kaum
mehr mit unerschütterlicher Bestimmtheit feststellen
ließe, wenn man's recht bedenkt. Ja,
möglicherweise;
oder besser gesagt: wahrscheinlich. Aber was kann
einer heutzutage, wo es ja bekanntlich eh zunehmend
einzig und allein aufs Approximieren ankommt, denn
überhaupt noch mit Bestimmtheit behaupten bzw. eru-
ieren? Was darf heutzutage wirklich als "gecheckt"
gelten?
(Vasile
V. Poenaru,
10. 06. 2022)
Eine dünne Linie trennt das
Mögliche vom Unmöglichen
Als ich Mitte Februar in Udine
eintraf, um eine Theater-
aufführung über die
Arbeit von humanitären Organisa-
tionen zu besuchen, dachte ich
nicht, dass diese nur
eine Woche später von großer Aktualität
sein würde.
Dass Vertreter von Hilfsorganisationen wie
Ärzte ohne
Grenzen oder das Internationale Komitee vom
Roten
Kreuz (IKRK) romantische Charaktere sind oder Helden,
die tatsächlich eine
Veränderung in der Welt bewirken
können, das dachte sich Tiago Rodrigues, bevor er
die Arbeit an
Im Rahmen
des Unmöglichen ("Dans
la mesure de l'impossible") begann.
(Irina
Wolf,
26. 05. 2022)
Ist das Leben Gottes Geschenk?
Er ist 78
Jahre alt, hat zwei erwachsene Kinder und
drei
Enkelkinder. Körperlich und geistig ist er kernge-
sund.
Trotzdem möchte er – Gärtner ist sein Name –
vorzeitig sterben. Lebensfreude und -mut sind seit
dem Tod seiner
Frau vor zwei Jahren verschwunden.
Obwohl ihn seine
Kinder von seinem geplanten Selbst-
mord abbringen wollen,
haben sie es nicht geschafft,
ihren Vater umzustimmen...
Dem sensiblen Thema des
assistierten Suizids nimmt
sich Ferdinand von Schi-
rach in seinem neuen Theaterstück
GOTT an.
(Irina
Wolf,
01. 05. 2022)
Müller & Sohn: Eine Super-Gedankentour an der Rur
Dieses Gespräch wurde Anfang 2022 von einer meiner
sprachlich begabten Assistentinnen back in the hood
aufgezeichnet.
Right! In the old neighbourhood. Ich
setze jetzt wie branchenübergreifend üblich noch kurz
meinen Namen drauf, soweit es der g’schätzten Leser-
schaft nichts ausmacht, und gelte ab sofort, thank
your very much, als rechtmäßiger Urheber ever after
– oder doch jedenfalls solange das Copyright Bestand
hat. Click, click, click. Copy and paste. Supi! …
(Vasile
V. Poenaru,
13. 04. 2022)
Von den Grenzen in unseren Köpfen
Seit 2018 werden mit
der Reihe "Drama Panorama"
des Berliner Neofelis Verlags Zugänge
zu zeitgenös-
sischen Theatertexten aus anderen Sprachräumen
eröffnet. Die im November 2021
als fünfter Band in
der Serie erschienene Anthologie Mauern
fliegen in
die Luft der
Herausgeberinnen Franziska Muche und
Carola Heinrich versammelt
neun
Stücke aus dem
iberoamerikanischen Sprachraum. (Irina
Wolf,
20. 03. 2022)
Malagola
– berauschender Innovationsraum
Konzipiert und geleitet
von Ermanna Montanari, ist
Malagola eine Stimmtrainingsschule.
Das Projekt
hat
seine Wurzeln in Montanaris vierzigjähriger, mehrfach
preisgekrönter
Forschungsarbeit zur Poetik der Stimme
sowie in den über die Jahrzehnte
kreierten soliden Part-
nerschaften auf nationaler und internationaler Ebene.
Neben Montanari, Mitbegründerin und künstlerischer
Leiterin des Teatro delle
Albe/Ravenna Teatro, ist
Enrico Pitozzi, Wissenschaftler und Professor an
der
Universität Bologna, der stellvertretende Direktor.
(Irina
Wolf,
10. 03. 2022)
Karpatensuppe for future
Ort der Handlung:
deep Romania; etwa 20 km von der
Bahnhaltestelle Bologa (unweit Großwardein) entfernt.
Zeitraum der Handlung: traumhafter Hochsommer im
Vorfeld der Wende. Und die Handlung selbst? A
bisserl
lesen, a bisserl latschen, a bisserl klettern, a bisserl
quatschen.
So fing eine
der zentralen Wanderungs-
G’schichten meiner Jugend an: die Durchquerung des
Apuseni-Massivs. Achtzig Kilometer. Eine Berghütte.
Ein paar wenige Wanderer. Ein paar Schäfer. Und viele
Höhlen. Die
sogenannten Apuseni-Höhlen. Und wir?
Drei Höhlenmenschen, die Taschenlampe
stets zur
Hand. How about it?
(Vasile
V. Poenaru,
28. 02. 2022)
Rettung für Mutter Erde
Mutter (Madre) heißt Marco
Martinellis neues zwei-
teiliges Theaterstück. Auf den
ersten Blick scheint es
sich um einen Generationenkonflikt zu handeln:
Nach-
dem die in die
Jahre gekommene Mutter in einen
Schacht gefallen ist, plant ihr Sohn, sie
aus dem Loch
herauszuziehen, oder zumindest äußert er diese Ab-
sicht. Wer aber mit
Martinellis Werken
vertraut ist,
weiß, dass seine Texte mehrere Ebenen aufweisen
und das
Publikum
vor unterschiedliche intellektuelle
Herausforderungen stellen.
(Irina
Wolf, 07. 02. 2022)
..
..
Showcase aus Rumänien: Vorhang auf!
Als erster
rumänischer Showcase des vergangenen
Jahres präsentierte
sich INDEPENDENT EXTERIOR aus-
schließlich online. Vom 3.
bis 7. November 2021 stellte
es fünfzehn herausragende
Theater- und Tanzproduk-
tionen der Bukarester
unabhängigen Szene vor. Ein
weiteres Vorhaben der
Organisatoren war es, zehn
Veranstaltungsorte und
-institutionen der Freien
Szene einem internationalen
Publikum bekannt zu
machen.
(Irina
Wolf, 18. 01. 2022)
..
..
Captain O'Mei in Laa an der Thaya
"Herrschaften!", hatte der
diensthabende Mast-Bursch
auf WhatsItGonnaBe gepostet. "Aussteigen, bitte!
Laa
an der Thaya! Hurry up! Or else." Und eins war den
erlauchten Fahrgästen
der k. und k. Laaer Ostbahn
auf Anhieb klar:
The Mastbursch meant business. Ob
der verehrte Gast denn
auch hundertprozentig satis-
fied sei, wollte O’Lala wissen, nachdem
O’Mei sich a
bisserl in der kleinen, aber feinen Ortschaft am Rande
des
Seins umgeschaut hatte. Und in der Tat war Laa
an der Thaya
all Captain O’Mei ever dreamt of in his
philosophy. Und er sagte: "Rrr! …"
(Vasile V.
Poenaru, 31. 12. 2021)
Zwischen Beständigkeit und
Neuschöpfung
Vielfalt, Kreativität, Innovationskraft: Das spiegelt
sich in
den aktuellen Performance-und Theaterpro-
duktionen wider, die beim rumänischen
Nationalthea-
terfestival zu sehen
waren. Pandemiebedingt mussten
die Festspiele zum zweiten Mal in
Folge ins Internet
ausweichen, generierten dort aber eine bemerkens-
werte Präsenz.
Der Zugang zu den
knapp vierzig
Inszenierungen war bei allen Streams kostenlos,
die
meisten
Aufzeichnungen für 48 Stunden mit englischen
Untertiteln
verfügbar. (Irina Wolf, 18.
12. 2021)
Nationaltheaterfestival Bukarest 2021
Eigentlich
hätte die 31. Ausgabe des rumänischen
Nationaltheaterfestivals Ende Oktober endlich wieder
mit
Publikum stattfinden sollen. Doch die Pandemie
machte
erneut einen Strich durch die Rechnung. Mit
Blick auf
die steigenden Infektionszahlen haben die
Organisatoren
im Eiltempo eine Online-Ausgabe auf
die Beine gestellt,
die sich als großer Erfolg entpuppte.
Zum zweiten Mal in
Folge wurden die Festspiele ins
Internet verlegt, sodass
Zuschauer aus aller Welt die
Möglichkeit hatten, dem
Festival vom 6. bis 14.
November beizuwohnen. (Irina Wolf, 24.
11. 2021)
Hochtrabendes Dingsbums-Imponiergehabe
Making sense of history? Nichts weniger hatte
Jörn
Rüsen mit seinem Werk "Zerbrechende Zeit. Über den
Sinn der
Geschichte"
im Sinn
–
so meine Hoffnung. Und
ich erhoffte mir auch, in diesen Seiten
über eine zer-
brechende Zeit ein leidlich durchdachtes Werk
vorzu-
finden. Man gewinnt aus diesem
Buch keine Einsich-
ten. Das Vorwort wirkt ebensowenig überzeugend
und ungeschickt wie der Epilog.
Sprachlich unge-
schliffen sind diese Texte auch noch oft genug.
Außerdem entbehrt der Band einer begrifflich
soliden Grundlage.
(Vasile
V. Poenaru,
18. 09. 2021)
Hinter den Kulissen lauert die
Angst
Franz
Kafkas Erzählung Der Bau wurde im Winter 1923
geschrieben, als der Autor bereits an fortgeschrittener
Lungentuberkulose litt. Elena Bakirovas Inszenierung
entpuppt sich als eine relevante Gefühlserkundung
nach
der pandemiebedingten sozialen Isolation. Die
Virtual-Reality-Produktion des Schauspielhauses Graz
überzeugt durch Tempo, starke Bilder und eine gran-
diose
schauspielerische
Leistung. (Irina Wolf,
26. 08. 2021)
Brot backen für die Toten
"Wie sich der Kolac
dreht, soll sich all das Schlechte
ins Gute drehen und wandeln"
–
mit diesen Worten
fasst Tante Dragoslave den Kerngedanken der
wich-
tigsten Feier der Roma im
serbischen Ort Boljevac
zusammen. Am "Fest der Tante", auch
Bibijako Djive
genannt, wird die
mythologische Figur der Bibi Sara
Kali, Schutzpatronin der Roma,
geehrt. Dass dieses
am 31. Januar
begangene Fest mit der Befreiung der
Roma-Überlebenden 1944 aus
dem KZ übereinstimmt,
ist kein Zufall, hat doch Simonida Selimović für das
Theater-Film-Projekt
Bibi Sara Kali im
Vorfeld gründlich
recherchiert. Gemeinsam mit dem
syrischstämmigen
Autor Ibrahim
Amir entwickelte die Schauspielerin,
Musikerin und
Roma-Aktivistin ein Stück, in dem
die
Roma-Kultur und die Situation von Roma-Frauen
beleuchtet
werden. (Irina Wolf, 23. 07. 2021)
"Kunst soll das kritische Denken
stärken!"
Aurora-Interview mit
der Theaterkritikerin und -kura-
torin Cristina Modreanu:
"Unabhängige Organisationen,
die Kulturprojekte produzieren, sind in Rumänien immer
noch unsichtbar. Es werden weiterhin große Theater-
häuser vom Staat subventioniert, die aus diesem Grund
keine Probleme aufwerfen. Diese befassen sich nicht
mit problematischen Themen, kritisieren nicht, nehmen
keine Position ein, produzieren dafür aber leicht verdau-
liche Kost und realitätsfremde Inszenierungen. All das
scheint niemanden zu stören. Seit Beginn der Pande-
mie haben unabhängige Künstler alle Unterstützungs-
netzwerke verloren, mehrere unabhängige Theater
haben sich aufgelöst, andere stehen kurz vor dem
Verlust ihrer Spielstätte, weil sie die Miete nicht
bezahlen können."
(Irina Wolf, 29. 06. 2021)
Verbrechen aus Ruhmsucht
"Ich schaue mir den
Rücken der Leute an und stelle
mir vor, wie sie fallen würden,
wenn ich auf sie
schießen würde" – so denkt ein Amokläufer. Aber
was
bringt jemanden
dazu, andere Menschen umzubringen?
Den Versuch einer Reise zu
den Motiven eines solchen
Tobsüchtigen unternimmt der Philosoph Jean-Paul
Sartre in seiner
Erzählung "Herostrat".
Ein sehr kom-
plexer Stoff! Zu schwierig für das Theater? Kai Krösche
ist entschieden anderer
Ansicht, und das Ergebnis gibt
ihm Recht: Dem in Wien lebenden
deutschen Regis-
seur
ist eine außergewöhnliche Bühnenumsetzung
von "Herostrat"
gelungen!
(Irina Wolf, 27. 05. 2021)
Ein Treffen mit den Geistern des Volkstheaters
Seit
über einem Jahr ist das Wiener Volkstheater ge-
schlossen, zuerst wegen dessen
Generalsanierung,
dann wegen Corona. Mit "Black Box. Phantomtheater
für 1
Person" lädt Stefan Kaegi, bekannt auch von der
Gruppe Rimini Protokoll, auf
einen Audiowalk durch
mehrere Räumlichkeiten. Kostüm- und Maskenabtei-
lung,
Lichtbrücke und Unterbühne, Requisite und Auf-
enthaltsraum, Souffleurkasten,
Kühlraum, Inspizienten-
pult, VIP-Lounge, Rote Bar – all das und vieles mehr
ist begehbar. Überall kann man in die Theaterwelt hi-
neinschnuppern und auch
selbst auf der Bühne stehen.
Der für seine ortsspezifischen Inszenierungen
weltweit
hoch geschätzte Schweizer Künstler landet auch
diesmal einen
Volltreffer.
(Irina Wolf,
10.
05. 2021)
Sapere aude, wenn's recht ist
–
oder auch nicht
Früher hieß es ja noch
"Dubito, cogito, sum." Jetzt
werden alle, die den Mut haben, öffentlich von
ihrem
Verstand Gebrauch zu machen, bereits bei "Dubito"
voller Hass und
ohne Respekt für die Würde des Men-
schen oder die theoretisch ja immer noch bestehende
Meinungs- und Versammlungsfreiheit im Handumdrehen
ausgeschaltet,
gelöscht, gecancelt und als "Covidio-
ten" diffamiert. Was für Tage kommen da auf
uns zu,
fragt man sich nun mit gutem Grund. Wer wird die
neue
Gesellschaftsordnung, wer wird das neue Narra-
tiv kontrollieren bzw.
gestalten, die neue Wahrheit,
an die alle zu glauben haben, soweit sie nicht zu
Freiwild erklärt werden wollen? (Vasile
V.
Poenaru, 26.
04. 2020)
"Ohne Schauspieler bin ich eine Null!"
Die rumänische Theaterregisseurin
Leta Popescu im
Aurora-Interview: "Ich habe Angst vor den
Klassikern.
Sie überwältigen mich. Ich bevorzuge die zeitgenös-
sischen
Dramatiker, weil wir die Bewegungen der heu-
tigen Welt gemeinsam aufspüren.
Ich lebe in der Ge-
genwart und blicke in die Zukunft; ich spüre keine
Nostalgie und denke, dass sich die Geschichte wieder-
holt. Ich habe es
vorgezogen, Produktionen mit Auto-
ren 'zusammen zu schreiben', anstatt
'umzuschreiben'.
Aber ich werde mich bald dieser 'Umschreibung' der
Klassiker widmen, weil ich mich auch in die mensch-
liche Finsternis meiner
Vorgänger zu vertiefen ver-
mag."
(Irina Wolf,
08.
04. 2021)
Mittels VR-Brille in die Apokalypse
"Krasnojarsk: Eine Endzeitreise
in 360°" – so der Titel
der neuesten Premiere des Schauspielhauses Graz.
Dass diese derzeit im Theatersaal nicht stattfinden
kann, ist
offensichtlich, sind die Theater wegen der
Corona-Pandemie doch bis auf
Weiteres geschlossen.
Ein Online-Streaming-Event ist es aber auch nicht.
Wo
ist dann die Produktion zu sehen?
(Irina Wolf,
21.
03. 2021)
Was bleibt?
Carola Heinrichs
Dissertation
"Inszenierung von Ge-
dächtnis und Identität im postsowjetischen Kuba und
Rumänien"
ist für einen großen Kreis von Experten
interessant. Die Autorin bietet neben fundierten theore-
tischen Überlegungen auch spannende konkrete Fall-
studien. Das Ergebnis ergibt ein tieferes Verständnis
der interkulturellen Verhandlungs- und Übersetzungs-
prozesse zwischen der Sowjetunion als postkolonialem
Zentrum und der Peripherie in Kuba und Rumänien. Die
besondere Leistung besteht in der umfangreichen
kritischen Auseinandersetzung mit den praktischen
Beispielen und der Gegenüberstellung der beiden
postsowjetischen Staaten.
(Irina
Wolf,
01.
03. 2021)
Tagebuch einer Revolution
Knapp nach
dem ersten coronabedingten Lockdown
feierte am Nationaltheater
Bukarest "Tagebuch
Rumänien. 1989" der Künstlerin Carmen Lidia
Vidu
Premiere. Bekannt als Multimedia-Theater- und
Film-
regisseurin sorgte Vidu bereits in den letzten fünf
Jahren
für Aufsehen auf der nationalen und inter-
nationalen Szene mit
ihrem Projekt "Tagebuch Rumä-
nien".
(Irina Wolf,
09.
01. 2021)
"Weitermachen, kreativ sein, nicht aufgeben"
Das Pandemiejahr 2020 stellt
Theatermacher auf der
ganzen Welt vor fast unlösbar
scheinende Herausfor-
derungen. Was dies konkret für die
rumänische Thea-
terszene bedeutet,
schildert Oltiţa Cîntec am Beispiel
des im vergangenen Oktober
in Iaşi
veranstalteten
Jugend-Theaterfestivals im Aurora-Interview:
"Es ist nicht die Angst
vor einer Ansteckung,
die
Theaterliebhaber vertreibt, sondern die mangelnde
Vorhersehbarkeit.
Man plant das Wochenende, man
kauft sich eine
Theaterkarte, aber dann
kündigen die
Behörden
von heute auf morgen
die Schließung der
Theater an."
(Irina Wolf,
22.
12. 2020)
Wes Brot ich ess
Es geht zunächst gar
nicht darum, ob bzw. inwiefern
die Bürger, die für die Grundrechte
einstehen, in ihrer
jeweiligen Auffassung von Gerechtigkeit, Recht,
Staatsgewalt, Governance und Meinungsfreiheit recht
haben. Es geht darum,
dass sie nicht nur ein Anrecht
darauf haben, ihren Senf zur Sache zu geben,
son-
dern geradezu verpflichtet sind, angesichts des zu-
tiefst bedenklichen
Dornröschenschlafs der Medien
und der Legislative und der damit verbundenen
Unter-
minierung des Rechtsstaats an der Wiederbelebung
unserer streithaften
Demokratie mitzuwirken.
(Vasile V. Poenaru,
06. 12. 2020)
Irgendwann kommen sie wieder
Der 30. Oktober 1938 ist
ein Meilenstein in der Ge-
schichte des Radiotheaters. An
dem Tag überzeugte
Orson Welles' genial inszeniertes
Hörspiel nach dem
gleichnamigen Roman "Krieg der Welten"
von H. G.
Wells die Zuhörer von der Invasion der
Außerirdischen.
Diese Radiosendung geriet zum besten
Beweis für die
Kraft der Tonkunst. Auch wenn die
Revolution der
digitalen Technologie das Radio heute als
Kommu-
nikations und Manipulationsmedium umdefiniert hat,
so steht doch außer Zweifel, dass das Hörspiel noch
immer genug Magie besitzt, uns jederzeit wieder
an
"Marsmenschen" glauben zu lassen.
(Oana Cristea Grigorescu,
06.
11. 2020)
Auftritt für Italiens junge
Theatergeneration
Nachdem die drei
vorangegangenen, von Antonio La-
tella kuratierten Treffen den
internationalen Regis-
seuren, Schauspielern und Dramatikern
gewidmet
waren, kamen bei der heurigen 48. Ausgabe der
Thea-
terbiennale von Venedig vor allem die jungen
italieni-
schen Künstler zum Zug. Unter dem zentralen Motto
"Atto
quarto:
Nascondi(no)" wurden vom 14. bis 25.
September insgesamt 28 Weltpremieren gezeigt, die
sich ausschließlich mit
einem Thema
befassten: der
Zensur. Das üppige Festivalprogramm umfasste
inhalt-
lich
wie formal sehr unterschiedliche Arbeiten.
(Irina
Wolf,
06.
10. 2020)
Verlassene Zahnbürste sucht Mensch
Während der reguläre Spielbetrieb in Rumänien mona-
telang
unterbrochen war,
bemühten sich manche
Theaterregisseure um neue Kunstformen. So
auch
Bobi Pricop.
Zusammen mit sechs Schauspielern erar-
beitete er das
"performative Video-Gedicht" Exeunt.
Installation, Performance, Film – die im Internet ge-
zeigte
Produktion ist vor allem kein
Theater. Exeunt –
der lateinische Begriff bezieht sich
auf den Abgang der
Schauspieler
von der Bühne – kreist um das Thema
der Einsamkeit.
(Irina
Wolf,
12. 09. 2020)
Reisen in Pandemiezeiten
Ich liebe Reisen, hätte aber nie gedacht, dass ein
viertägiger
Aufenthalt in
Bukarest so viel Stoff für
Geschichten bieten würde. Aber
beginnen wir am
Anfang:
Man nehme ein im April storniertes Flugticket
und buche es um
(österreichische
Fluggesellschaft
Austrian; Strecke Wien-Bukarest-Wien).
(Irina
Wolf, 20. 08. 2020)
Alle meine Flüsse
Viele Flüsse haben was
zu sagen. Flüsse schaffen Ver-
bindung. Doch sie machen auch seit eh und je natür-
liche Grenzen aus. "Lasst das Wasser fließen!",
ver-
langte Heraklit energisch. Und der gute alte Neptun
war damit einverstanden. Unsere Flüsse haben den
Kontinent, ja die ganze Welt strukturiert, organisiert,
nach allen Regeln der Ästhetik und der Politikwissen-
schaft. Die Ur-Flüsse meiner
Kindheit sind
die
Donau,
die Traun und der Mühlbach. Von der Unmittelbarkeit
des Alltags her
sind es freilich der Mühlbach, die Traun
und die Donau. Doch jene kommen
hierin nicht zu
Wort, diese hingegen durchaus. Denn die Donau sei,
so Karl-Markus Gauß, der intelligenteste Fluss
Europas. (Vasile V. Poenaru, 06. 08. 2020)
Zwei Magier der Farben
Im Rahmen einer seit Februar laufenden Ausstellung
präsentiert
das Leopold
Museum 170 Exponate zweier
herausragender österreichischer
Künstler des 20.
Jahr-
hunderts: Friedensreich Hundertwasser und Egon
Schiele. Das
Bemerkenswerte daran:
Hundertwasser
verband eine lebenslange geistige Beziehung zu
seinem
großen malenden
Vorbild, der eine Generation vor ihm
lebte. Einige
Gemeinsamkeiten im Werk der beiden
Künstler sind offensichtlich, manches erschließt sich
erst auf
den zweiten Blick.
(Irina Wolf, 01. 07. 2020)
"Unabhängigkeit gebiert die wichtigsten Ideen"
Vlaicu Golcea, Komponist und Arrangeur, Performer,
Sound
Designer und Produzent, im Aurora-Interview:
"Ich wünsche mir, dass die neue
Generation rumäni-
scher Künstler, die ihr Recht auf die Gegenwart bean-
sprucht, die Kraft zum
Reden und Tun finden wird und
in der Lage ist, unseren
rumänischen DNA-Code umzu-
schreiben, eine echte Revolution anzuführen und
eine
Kunst zu schaffen, die im Einklang mit ihren wahren
Bedürfnissen
steht. Das
sage ich aus der Perspektive
eines Menschen, der seit 1995 mindestens
zehn Jahre
im
Underground verbracht hat, zur Zeit als dies noch
ein echtes
Underground war, ohne Facebook, Twitter
und Instagram, die es
augenblicklich zum Upperground
und cool machen."
(Daniela
Şilindean,
06. 06. 2020)
...
Eine Almani-Trilogie in Lower Saxony
Aller guten Dinge sind drei. Und fünf ist ja auch keine
schlechte Zahl. Es geht nämlich im Folgenden um fünf
Freunde (furchtlose Superhelden allesamt) und ein
Kamel,
die sich aus dem fernen Irak bzw. aus Algerien
oder eben aus dem Sudan auf
den Weg nach Nieder-
sachsen machten, um in Erfahrung zu bringen, ob in
Hannover an der Leine tatsächlich das allerbeste
Deutsch weit und breit
gesprochen wird und ob der
Brocken (im Harz) ein wahrhafter
Sprachbrocken sei.
Toc de mac! Tandaradei!
(Vasile V. Poenaru,
01. 05. 2020)
Theater: Spiegel zwischen
Individuum und Gesellschaft
Catinca Drăgănescu
ist eine rumänische Regisseurin.
Doch nimmt sie in
diesem Beruf in ihrem Geburtsland
eine Minderheitenposition ein.
Als freischaffende
Künst-
lerin hat sich Drăgănescu von Anfang an einem Regie-
programm
gewidmet, das Theater
und Gesellschaft
vereint. In den letzten Jahren hat sie es
geschafft,
als Gastregisseurin
an Staatstheatern zu inszenieren.
Im Einklang mit dem Programm
ihrer Generation
befasst
sie sich mit Vergangenheitserkenntnis und -verständ-
nis,
Identitätsproblemen,
Wirtschaftsmigration, Klisch-
ees und Wahrnehmung von
Minderheiten.
(Oana
Cristea Grigorescu,
01. 04. 2020)
Drei Tage zum Plündern
Rumänische Parole aus dem Jahr 1989: "Hoch lebe die
Revolution!
Schlagt den Kerl zusammen! Zerstört
alles,
was ihr nicht
mitnehmen könnt. Hoch lebe der wissen-
schaftliche
Sozialismus!" Als Ceausescu dann am er-
sten Weihnachtstag hinterlistig erschossen wurde,
hieß
es: "Zu Weihnachten braten wir das Schwein."
Die Würde des Menschen? Nie
gehört. Drei Jahrzehnte
mussten vergehen, bis die rumänische
Öffentlichkeit
wenigstens in etwa einsah, dass eine
derartige, zu-
tiefst menschenverachtende Einstellung weder mora-
lisch noch
heldenhaft oder gar demokratisch und recht-
mäßig ist. Und die ausländischen Medien haben den
Blödsinn gedankenlos gekauft.
Stichwort Breaking
News. Na ja, fake news.
(Vasile V. Poenaru,
01. 03. 2020)
Botond Nagy, ein
Philosoph des Bildes
Trotz
seiner erst 26 Jahre hat Botond Nagy schon
14 Werke kreiert, darunter
Inszenierungen nach Sha-
kespeare, Gombrowitz, Tennessee Williams, Strindberg,
Beckett
und Ibsen. Nagy ist ein dynamischer Künstler,
der an wichtigen Theaterhäusern in Rumänien
arbeitet.
Er hat sich vom Erfolg nicht blenden
lassen, kümmert
sich weiterhin um seine
berufliche Weiterentwicklung,
nimmt
an Workshops und an Festivals teil.
Wer ist
Boty, wie er im Freundeskreis
genannt wird?
(Oltița
Cîntec,
04. 02. 2020)
Die vielen Ichs der Tatiana
Maslany
Die Kanadierin Tat
Maslany spielt im Serienfilm Orphan
Black so viele Klone, dass einer gar nicht mehr gut
mitzählen kann. Sie spielt sie geradezu unglaublich
differenziert. Und dennoch handelt es sich dabei letzt-
endlich streng genommen jeweils um die eine Person:
um dieselbe Person (also um die Schauspielerin), wenn
man sich auf der Ebene der Realität bewegt, und um
die gleiche Person, das heißt um ein wohlgemerkt
jeweils anderes Individuum derselben "Marke", ja um
ein jeweils anderes Individuum mit dem gleichen Erb-
gut: um Klone; um gleichwertige Kopien ohne Original.
(Vasile V. Poenaru, 23. 01. 2020)
"Die Beziehung zum Text ist
eine Suche nach Wahrheit"
Die rumänische Architektin und Bühnenbildnerin Irina
Moscu im
Aurora-Interview: "Es geht immer darum,
das Wesentliche hervorzuheben:
Schlüsselwörter, die
sich in Arbeitskonzepte verwandeln, Bilder, die die
voll-
ständige Bedeutung des Textes enthalten, visuelle
Metaphern. Die
Beziehung zum Text ist ein Suchpro-
zess nach der Wahrheit. Gefühle und
Emotionen regen
meine Vorstellungskraft an. Sie werden auf Papier in
bewusste und unbewusste Gesten umgesetzt. Alles
inspiriert mich: ein
Gemälde, ein Detail in einem Café-
haus, ein Künstler, ein Spaziergang durch
die Stadt
usw. Im kreativen Prozess lässt man sich überraschen."
(Oltița
Cîntec,
05. 01. 2020)
Dreißig Jahre
Theaterfreiheit
Die 29. Ausgabe des Rumänischen Nationaltheater-
festivals, welche
vom 18.
bis 27. Oktober in Bukarest
stattfand, firmierte heuer
unter dem Motto "Magische
Momente der Geschichte". Präsentiert wurden die
besten
rumänischen Produktionen der
letzten Theater-
saison sowie vier internationale Gastspiele.
Zusammen
mit Buchvorstellungen,
Workshops, sieben Ausstellun-
gen, zahlreichen Radiosendungen und
Konferenzen
wurde
ein umfangreiches Panorama der in den letzten
dreißig Jahren
seit dem Fall
des Kommunismus gewon-
nenen Freiheit geboten.
(Irina Wolf,
15. 12. 2019)
"Wo wir stehen" oder
"Unsere Standortbestimmung"
Dass die kürzlich im
Suhrkamp Verlag erschienene Rede
Barack Obamas nicht gerade sinngemäß
adäquat über-
setzt wurde, passt zum gegenwärtigen Trend, aus der
anspruchsvollen Tätigkeit des Übersetzers ein mecha-
nisches Wörter-Pingpong
zu machen. Bereits 2008
wurde dessen "Yes, we can!" genau so in die deutsch-
sprachige Öffentlichkeit geschmissen, wie es die eben
mal nicht perfekten Übersetzungsprogramme ausge-
spuckt hatten. Und auch jetzt kann einer neuerlich
fragen: Wo sind die
verlässlichen Übersetzer geblie-
ben? Legen sie allesamt wieder mal
eine kurze Pause
ein? Oder wurden sie durch billige Copy-and-Paste
Toy Soldiers ersetzt?
(Vasile V. Poenaru,
01. 12. 2019)
"Ich spreche nicht, wenn ich etwas
ausdrücken will"
Aurora-Interview mit Andrea
Gavriliu: Die junge Rumä-
nin hat es geschafft, ihren Namen bereits in den ersten
Jahren
ihrer Karriere bekanntzumachen. 1985 geboren,
absolvierte sie 2008 die
"Babeş
Bolyai" Universität in
Klausenburg. 2013 machte sie ihren Master in
Choreo-
grafie an der Nationalen Universität für Theater- und
Filmkunst in
Bukarest. Ihre Abschlussarbeit, Zic Zac,
eine
Theater-Tanz-Produktion, ist im In- und Ausland
rasch bekannt geworden.
Derzeit ist sie außerordent-
liche Professorin an der Fakultät für Theater
und Film
der UBB und Choreografin am Nationaltheater "Lucian
Blaga" in
Klausenburg. Am meisten interessiert sie sich
für "physisches" Theater.
(Luana
Pleşea,
13. 11. 2019)
Herzliche Grüße an das
Luceafărul-Theater in Iaşi!
Liebes Festival für
Junggebliebene,
Du hast immer
großartig ausgesehen, aber in diesem Jahr hast Du
Dich wirklich
selbst übertroffen. Seit einem halben
Jahrzehnt gehöre ich zu
Deinen treuesten Besuchern,
aber noch nie hast Du mich so begeistert. Puppen-
theater für
Kinder und Jugendliche, Performance
und
Sprechtheater für Erwachsene, eine Showcase des
gastgebenden Theaters, Konzerte,
Tanz- und Zirkus-
aufführungen, szenische Lesungen,
Buchpräsenta-
tionen,
Ausstellungen und vieles mehr. Eine fantas-
tische Programmauswahl
mit einem restlos neugieri-
gen Publikum!
(Irina Wolf,
01. 11. 2019)
"Wenn die Kultur spricht,
verschwindet der Hass"
Interview mit der rumänischen
Regisseurin und Multi-
mediakünstlerin Carmen Lidia Vidu: "Ich war immer eine
Außenseiterin sowohl im Theater als auch im Film. Aus
meiner Position als freischaffende Künstlerin beobachte
ich, dass
Rumänien seit Jahren versagt hat, eine euro-
päische Stimme zu werden. Es
gibt eine chronische
Isolation und ich kann sie mir nicht erklären. Dabei
möchte ich doch in einer Welt ohne kulturelle Grenzen
leben. Es sollte keine Grenze zwischen Rumänien und
dem Rest der Welt geben, zwischen dem Publikum und
den Künstlern, zwischen mir und dem Theater. Mein
Wunsch ist es, eine internationale Künstlerin zu sein,
die Rumänien in die europäische Gegenwart versetzt."
(Irina Wolf,
25. 10. 2019)
Waschechte Kanadierin im
Dickicht
Meine Tochter Lavinia ist die einzige gebürtige
Kanadierin in der Familie. The real deal. The one
and only. From coast to
coast to coast gibt es
keinen einzigen Grizzly, keinen Bieber, keinen Moose,
keinen Ahorn und keinen Fluss, der so sehr kana-
disch sei wie meine Lavinia. Als sie geboren wurde,
wohnten "wir anderen" schon seit fast zehn Jahren
in Toronto. Anno 1998 hatte es mich nämlich mit
Frau und Kleinkind nach Kanada verschlagen...
(Vasile V. Poenaru,
19. 10. 2019)
...
Ein Jugendtheater, das sehr
erwachsene Fragen stellt
Strategisch
bestens
platziert in unmittelbarer Nähe
des historischen Stadtkerns, bietet das
Jugendtheater
Piatra
Neamţ einen wichtigen Bezugspunkt für Besucher
und Einheimische zugleich.
Seit über
sechzig Jahren ist
es das Wahrzeichen der von beeindruckenden Bergen
und
Wäldern umgebenen Stadt im Osten Rumäniens.
Unter dem postkommunistischen Motto "Erfolg!" fand
in der traditionsreichen Spielstätte vom 18. September
bis 2. Oktober die 31. Auflage der
Piatra Neamţer
Festspiele statt.
(Irina Wolf, 12. 10. 2019)
...
"Wir
dachten, den Sommer überleben wir nicht"
Eines der weniger bekannten privaten Spielhäuser
Bukarests ist das
sogenannte "Unteatru",
was sich
schlicht mit 'Ein Theater' übersetzen lässt. Gegründet
wurde
es vor beinahe
zehn Jahren von Andreea und
Andrei Grosu. Beseelt vom starken Willen "das zu
tun,
was
wir tun wollen", hat das Paar erfolgreich Krisen
überstanden, dem
berüchtigten
rumänischen Behör-
denirrsinn getrotzt und sich als feste kreative Größe
in der freien Bukarester Theaterszene etabliert.
(Oltița
Cîntec,
05.
10. 2019)
...
Liebe
–
Scheitern
–
Gott
Auch heuer
wurde in Venedig wieder groß aufgekocht,
pardon: Theater
gespielt. Der Vergleich zwischen Küche
und Bühne liegt
im Genussland Italien zwar immer nahe,
für
Antonio
Lattella, zum dritten Jahr in Folge künstler-
ischer
Leiter der Biennale, gibt es anlässlich des heuri-
gen
Mottos "Dritter Akt: Dramaturgien" hingegen eine
spezielle Verbindung: "Die Hand des Kochs kann,
meta-
phorisch betrachtet, mit der eines Dramatikers
vergli-
chen werden, der beim Schreiben eines
Theaterstücks
seine Inspiration dosiert, bevor er sie
der Öffentlichkeit
serviert." Zur Erklärung:
Nachdem die
beiden vorange-
gangenen Treffen den Regisseuren und
Schauspielern
gewidmet waren, fand die heurige 47.
Ausgabe
unter
dem
Generalthema "Dritter Akt: Dramaturgien" statt.
Unter
dieser Vorgabe wurden vom 22. Juli bis zum 5.
August
insgesamt 23 neue Stücke in 28 Inszenierun-
gen, darunter
sechs Weltpremieren, gezeigt.
(Irina Wolf,
04.
09. 2019)
Autoreifen + Schokolade = Politik! Ob es wohl einen Zusammenhang gibt zwischen Orgas-
mus und Umweltschutz?
Oder zwischen Selbstbefrie-
digung und Afrika? Tatsächlich lässt sich eine
kausale
Beziehung nicht nachweisen. Dennoch gelingt es Mar-
tin Grubers neuester
Inszenierung "Wie
geht es weiter
– die gelähmte Zivilgesellschaft", das scheinbar
Gegen-
sätzliche auf ebenso humorvolle wie kritische
Weise zu
verbinden. Gleichauf mit dem 30-jährigen Jubiläum des
aktionstheater
ensemble
fand die Premiere zwischen
dem 12. und 16. Juni im Meidlinger Werk-X
statt.
(Irina Wolf,
03.
08. 2019)
Turin in Festkleidung
Vierundzwanzig Produktionen, einundsechzig Vorstel-
lungen, davon
acht Erstaufführungen,
neunzehn Tage
volles Programm. So zeigte sich heuer das Turiner
Fes-
tial
delle Colline Torinesi in seiner vierundzwanzigsten
Auflage.
"Strömungen,
Deklinationen der Reisen" laute-
te das diesjährige Motto. Es gibt viele Gründe, wes-
halb man das Festival besuchen sollte. Hier werden
zehn davon vorgestellt, die vielleicht die
Neugierde
für die nächsten Jahre wecken werden.
(Irina Wolf,
15.
07. 2019)
Thirty years a zombie
Diesen Brief hab ich Anfang Juni in "Area 51" gefun-
den. Ich glaube natürlich kein Wort von dem, was
drin steht, doch es ist meine patriotische Pflicht,
diese sogenannte Dracula-Bulle zwecks ihrer ja
hoffentlich bald zu erfolgenden wissenschaftlichen
Widerlegung in den so wundersam kreativen Raum
unserer Geschichtsschreibung zu stellen.
(Vasile V. Poenaru, 01. 07. 2019)
...
Vorgetäuschte
Vergangenheitsbewältigung
Verwanzen von
Wohnungen und Folterung der Regime-
gegner standen bei Dominik
und Alex auf der Tages-
ordnung. Die beiden waren Mitarbeiter des
berüch-
tigten Geheimdienstes
Securitate und schreckten
auch nicht davor zurück, schwangere
Frauen zu ver-
prügeln. Eine dieser
Schwangeren brachte damals
eine behinderte Tochter zur Welt:
Liza. Durch einen
Zufall tritt die
junge Liza heute plötzlich in das Leben
von Dominik und Alex −
und verändert es auf grund-
legende
Weise. "Ich bereue nichts", ein Stück unter
der Regie von
Lendvai Zoltán, ist ein couragierter,
emotional bewegender Versuch, über Gerechtigkeit
zu reflektieren
in einem Land, das
noch immer an den
Spätfolgen seiner kommunistischen
Vergangenheit
leidet.
(Irina Wolf,
02.
06. 2019)
...
Unlogisch-philosophisches
Traktat
Herrschaften! Zeit
zum Auftauen. Die Eiszeit hat’s jetzt
auch schon hinter sich. Kein Frost
mehr in österreichi-
schen Landen.
Es ist toll, wieder so richtig da zu sein.
Auf allen vier Buchstaben. Da: innerhalb der Sprache,
innerhalb des Seins und all der wundersam artikulierten
Dinge, die nun mal dazu gehören. Denn, jetzt
mal Hand
aufs Herz:
Es geht um die Sprache.
Um meine Sprache.
Um die volle Sprache und um nichts als die Sprache.
(Vasile V. Poenaru, 08. 05. 2019)
...
Der Urschrei der
Freiheit
"wir gingen weil alle gingen" – so heißt die erste
Geschichte im gleichnamigen Band von Thomas Perle.
Weihnachten
1989: Es ist die Zeit der Revolution in
Rumänien, die Tage, in
denen das Ceauşescu-Ehepaar
entmachtet und hingerichtet wird.
Wie gehen die
Menschen mit der gewonnenen Freiheit um? Wie
blicken sie auf das Leben während der kommunis-
tischen Diktatur
zurück? (Irina Wolf, 15.
04. 2019)
Lebensdokumentationen und
Libertinage im Folk
Crosby Tyler: perfekte Bläserarrangements und
manch
markante Trompeten- und schwermütige Violinmelodie,
ein Gespür für erstklassige Balladen; jeder Song ein
Kleinod. Meiko: zuckersüß klingende Variationen frem-
der Stücke, sparsam arrangiert; melodisch-schwere
Bassmelodien und swingend-leichte Drums, sporadisch
durchdrungen von fiepend-melancholischem Synthe-
sizer. Lindi Ortega: Stilmischung aus Country, Folk,
Rock, Jazz, Vaudeville, mit flatterhaften und tradi-
tionalistischen Facetten.
(Tina Karolina Stauner,
01. 04. 2019)
Orientalische Impressionen:
Syrien im Jahr 2006
Er hat mehrere Gläser an
den Gürtel geschnallt. Am
Rücken trägt er eine riesige orientalische Teekanne.
Durch seinen roten Fez ist er schon von Weitem sicht-
bar: der Teeverkäufer, eines der Markenzeichen von
Damaskus. Sabah el noor: "Ich wünsche dir einen Mor-
gen voller Licht, Schönheit und Blumen." Vor dreizehn
Jahren, am 29. April 2006, war in Syrien die Welt noch
in Ordnung.
(Irina Wolf,
09. 03.
2019)
Diese Frauen setzen ein Zeichen!
Gesellschaftskritische
experimentelle Arbeiten sind
das Spezialgebiet von Carmen
Lidia Vidu. Die bekannte
rumänische Regisseurin hat 2016 ein Dokumentar-
Theaterprojekt
namens Tagebuch Rumänien ins Leben
gerufen, in dem sie
mit viel Engagement und
Wahr-
heitsliebe über ihre Heimat berichtet, einem Land, das
noch
immer geprägt ist
von ethnischen Spannungen,
Korruption, politischen Machtkämpfen
und vielfältigen
sozialen Problemen.
(Irina Wolf,
07.
02. 2019)
Die mediale Blendung der
rumänischen Wendung
Die im August 2018 zur Schau getragene Zerrissenheit
der rumänischen Gesellschaft, die
repressive "state of
mind" der Ordnungskräfte, die tiefgreifende moralische
Unbeholfenheit, das ist alles auf die in den
letzten drei
Jahrzehnten
– trotz aller demokratischen Bestrebungen
eines Teils
der Gesellschaft
– nicht zur Reife gekom-
mene Wende zurückzuführen. Schuld
daran ist die
Große Lüge der glorreichen Revolution, ja die Annah-
me,
dass überhaupt eine glorreiche Revolution statt-
gefunden habe bzw. dass diese
siegreich gewesen sei.
(Vasile V. Poenaru,
23.
01. 2019)
Rumänische Geschichte im
Kleinformat
Ein Land, vorgestellt als die Summe seiner Menschen:
Unter dem
Motto "Geschichte in
Kleinschreibung" ge-
staltete Cristina Modreanu die Landkarte
Rumäniens
neu. Das von ihr
kuratierte Festival "Oh Europa" prä-
sentierte anlässlich des
hundertsten Jubiläums des
modernen rumänischen Staates Geschichten einfa-
cher Bürger,
die auf wahren Schicksalen verschie-
dener Minderheiten oder
Ethnien basieren.
(Irina Wolf,
12.
01. 2019)
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