Gina Zapletal
Christa T.
Gestern habe ich versucht, Deinen Geburtstag zu feiern. Ich habe gefeiert, daß
Du geboren worden bist und gelebt hast. Habe fein gegessen und getrunken, Blumen
schwimmen lassen und eine selbstgedrehte Honigkerze auf Deinem hölzernen
Kerzenständer angezündet. Gut ein halbes Jahr nach Deinem Begräbnis habe ich mir
das erste Mal die Kassette angehört mit der Musik, habe Deine Worte laut
gelesen.
(23. 12. 2002) |
Christian Felber
Das 'grüne Gewissen Brasiliens' lebt weiter
Der brasilianische Ökologe und Alternativnobelpreisträger
José Lutzenberger zeigte, wie man von der Natur lernen kann. Der westlichen
Kultur mangelt es ihm zufolge nicht an Wissen, sondern an Weisheit.
(23.12.2002) |
Hermann Maier
Driving home for Christmas
Als das Telefon läutete, stand er am Fenster und sah zu, wie ein Mann den
ersten Schnee wegschaufelte. Seine Mutter war dran und faselte etwas von
Besuch, Essen und Alleinsein. Manchmal ließ er sich keine Ausrede einfallen
und nahm die Einladung an. Zuletzt geschah das nicht mehr oft: Das Haus war
ihm fremd geworden.
(22. 12. 2002) |
Andreas Freinschlag
FC Kleinsaming
Es war einmal ein Fußballklub, der nannte sich – was für eine Idee! - nach
dem Dorf, aus dem seine Mitglieder stammten: der FC Kleinsaming. Auswärts
glückte ihm zwar kein einziger Sieg, daheim jedoch, im eigenen Stadion, gab
es eine regelrechte Flut von Siegen – über deren Umstände freilich gemunkelt
wurde, dass. (20. 12. 2002) |
Der Alpenforscher Werner Bätzing im Aurora-Interview
"Von
der Angst getrieben, etwas zu verpassen"
Der "Urlaub in den Alpen" ist – ebenso wie die "Fahrt in den Süden" – zu
einem europäischen Kulturphänomen ersten Ranges geworden. Auch wenn sich
seine Marktbedeutung seit Mitte der 1980er aus verschiedenen Gründen
verringert, ist er eine ganz wesentliche Realität und bedarf deshalb einer
ständigen Neuorientierung und -bewertung.
(14.12.2002) |
Bernhard Flieher
Und
Gott wird weinen
Das neue Album von Johnny Cash, "The Man Comes Around" ist ein Alterswerk
von größter Schönheit. Doch die unerwartete Freude über sein Erscheinen wird
begleitet von der Sorge, dass es das letzte des schwerkranken Godfather des
Country gewesen sein könnte.
(08.12.2002) |
Heinz
Pusitz
Train oh train
Die Musik drückt sie im Bahnhofsbeisl tiefer in die Station. Paß auf
hearst... Train to New Orleans... Musik aus. Ein Mann schleppt sich heraus.
Neue Scheibe aus dem Musikautomaten: Baby Sue... Der Rock trommelt auf die
Männer und Frauen drinnen. Die Oberfläche des Weissweines schlägt
konzentrische Rillen. (28.11.2002) |
Romina
Lutzebäck
Die Familie als Auslaufmodell?
Eine sich "befreiende Gesellschaft" hinterfragt die traditionellen Formen
von Partnerschaft, Sexualität, Familie und Kindererziehung und stellt
bisherigen Idealbildern neue, eigenständige Lebensentwürfe gegenüber.
(25.11.2002) |
Franz Wagner
Auf dem Weg zum Kampf der Kulturen
"Das ist nicht nur ein Krieg gegen den Irak, es ist ein Krieg gegen
Terrororganisationen und gegen Regimes, die die terroristischen Legionen
aufpäppeln, unterstützen, bewaffnen, ausbilden, indoktrinieren und
kommandieren, die nach unserer Vernichtung schreien. Es gibt vier solche
Regimes: im Iran, Irak, Syrien und Saudi-Arabien." (Michael Ledeen,
American Enterprise Institute)
(16.11.2002) |
Reinhard Winkler
Autostop
Und irgendwie wurde es auf einmal echt dramatisch.
Geradezu plötzlich fand ich mich in einer ganz neuen Situation. Eben noch an
der Bushaltestelle, wartend und wartend, und es passierte nichts, sieht man
von dem Vorbeifahren der Autos einmal ab. Und jetzt, im Gehen, das Gefühl:
Ich lasse mich da auf etwas ein. Falls mich jemand mitnähme, würde ich etwas
tun müssen. (12.11.2002) |
Jens
Richter
Der Weggucker
Die meisten Menschen können nicht weggucken. Sie starren auf einen Punkt
direkt neben dem Behinderten und deprimieren ihn, oder sehen sich schöne
Mädchen aus den Augenwinkeln an, schauen dann sofort in die Auslage mit den
Bettbezügen und glauben, die eingehängten Ehefrauen hätten es nicht bemerkt.
(11.11.2002) |
Christian H. Sötemann
Gepäckträgerfederung
Nicht viele können sich bescheinigen, anderen Menschen, die sie nicht einmal
persönlich kennenlernen, das Leben zu erschweren. Ich gebe zu, das ist eine
privilegierte Ausnahmestellung, und das lasse ich mir im übrigen auch in
meinem Auftreten anmerken, das einer gewissen Widerwärtigkeit nicht
entbehrt. (4.11.2002) |
Vasile
V. Poenaru
Ein letzter Häuptling der Kanadier
Mein Name ist Sir Mike, ich arbeite für eine kanadische Provinzregierung
und bin vor allem für solche Dinge wie Streitaxtkultur und
Bodenverteilung zuständig...Ich wurde sozusagen am 23. Juni 2002 bei uns
in der Provinz Ontario gefangen genommen. Nur noch eine einzige Woche
hätte ich gebraucht, um mit allem gebührenden Anstand Canada Day
feiern zu dürfen.
(30. 10.
2002) |
Daniel
Huber
Dekonstruktion als Rückfall hinter Adorno?
Ein Jahr nach der Vergabe des Theodor-W.-Adorno-Preises an Jacques
Derrida erscheint im Wissenschaftlichen Verlag Berlin eine
Parallelisierung Theodor W. Adornos mit Jacques Derrida. Verfasser ist
der in Zürich domizilierte freie Autor, Philosoph und Französist Stefan
Zenklusen. Seine Sympathie macht Zenklusen im Untertitel explizit, in
dem er für eine "Resurrektion negativer Dialektik" plädiert.
(28. 10. 2002) |
Maria
E. Dorninger
Siegfried Lenz' "Lehmanns
Erzählungen"
"Das Buch von Siegfried Lenz erzählt von einer Zeit des
Mangels, in der es zuerst einmal darum ging, existentielle Bedürfnisse
zu stillen. Es geht um eine Zeit, in der mangels Fett die Entdeckung von
Bedeutung ist, Kartoffeln auch in Kaffeesatz braten zu können, und auch
Kartoffeln muss man erst einmal haben..."
(12. 10.
2002) |
Rupprecht Mayer
Die Rückkehr des Amerikaners
Als es um halb eins klingelte, waren seine Frau und die Kinder schon im
Bett. Erich machte den Fernseher aus und öffnete. Es war ein sehr alter
Mann, der draußen stand, nur Haut und Knochen unter einem verschlissenen
Mantel, und er roch nicht gut. Erich schaltete die Gartenlaterne an und
erkannte, daß das nur "der Amerikaner" sein konnte, der schon vor 150
Jahren ausgewandert war.
(7. 10.
2002) |
Vasile V. Poenaru
Woran
leidet das leidende Ich?
Der folgende Essay unseres Autors ist unter einem Zwang
entstanden. Der Essay hat unseren Autor dazu gezwungen, ihn zu
schreiben. Womit der unten stehende Text gewissermaßen von selbst und in
einem Akt der vollautomatischen Datenverarbeitung in den Computer
eingegeben wurde, von einem "Selbst", welches im Endeffekt gar nicht
anders konnte, als diesen Artikel zu verfassen.
(4.
10. 2002) |
Traude
Veran
Bonvivant
Jeder kennt ihn, den großen schweren Herrn im erstaunlich gut sitzenden
grauen Anzug, welcher sein Geheimnis, von Hosenträgern gehalten zu sein,
schon nach dem ersten Bier preisgibt. Der ungeheure Bauch verliert durch
die zelebrative Bedachtsamkeit, mit der ihn sein Besitzer ins rechte
Licht rückt, jeglichen Krankheitswert.
(21. 9. 2002) |
Gunda
Mann
Anna und die Wunderkerzen
Die neunjährige Anna malte mit ihren Fingern eine Brücke in den Sand.
Dann warf sie einen Stein ins Wasser und schaute zur Ostseite der Elbe
hinüber. Ihr Blick wanderte über den leeren Strand, vorbei an den
Drahtzäunen und verlassenen Häusern. Die Sonne sandte ihre warmen
Strahlen zur Erde, aber Anna bekam eine Gänsehaut.
(17. 9. 2002) |
Hermann Maier
Wir sind doch keine Kohlköpfe!
Die überwiegende Zahl der Naturwissenschaftler sind heute Deterministen,
das bedeutet: Sie halten das, was wir normal als unseren freien Willen
bezeichnen, für eine lllusion. Doch sind wir tatsächlich alle nur
willenlose Marionetten unserer äußeren oder inneren Umstände?
(31. 8. 2002) |
Christian H. Sötemann
In gekrümmter Haltung
In gekrümmter Haltung reise ich den Apachen entgegen. Meine Schmerzen
werden immer schlimmer, und ich habe nur vage Anhaltspunkte, wo ich die
Indianer finden kann. Die Straßen vor mir sind staubig und eine Kurve
folgt der nächsten, so daß ich Probleme habe, während der Autofahrt an
etwas anderes zu denken als das jeweilig unmittelbar vor mir liegende
Straßenstück.
(27. 8.
2002) |
Aurora-Interview: Hannes Leitgeb
"Eine
faszinierende Unternehmung"
Der Salzburger Philosoph Hannes Leitgeb spricht im
Aurora-Interview über die ungeklärte Beziehung von Gehirn und Geist,
über den freien Willen und den rätselhaften Geschmack eines Wiener
Schnitzels.
(25. 8.
2002) |
Vasile
V. Poenaru
Stammfragen
Wie passen Gruppenzugehörigkeiten aller Art und die oft rücksichtslose
Verfolgung der eigenen Interessen, wie paßt die Abschottung vor oder
feindliche Übernahme alles Fremden und Schwächeren in eine – zumindest
dem Wort nach – offene und globalisierte Gesellschaft?
(10. 8. 2002) |
Christian H. Sötemann
Der rote Stuhl
Besucher schleichen um den roten Stuhl, als sei er eine Art Mahnmal. Als
läge der Positionierung des Stuhles an genau dieser Stelle eine finstere
Wahrheit zugrunde, eine Tat, die symbolische Darstellung verdient, durch
eben diesen Stuhl. Sie flüstern unentwegt, und ich bemerke, daß ihre
Überlegungen weniger um den Stuhl kreisen, als um dasjenige, was er
ihrer Meinung nach symbolisieren könnte.
(5. 8. 2002) |
Reinhard Winkler
Und dem Hörer wird dann schlecht oder er kriegt
Hunger
Ein geschriebenes Gespräch (= "Chat") zwischen einem Musiker
und seinem Verehrer,dem Fan. Ein Gespräch über Schokolade und Pickel,
Innovationen und Stereotypien, über Scham und Peinlichkeit, über Musik
im allgemeinen und Deathjazz im besonderen.
(27. 7. 2002) |
Manfred Ach
Ich muss doch sehr bitten, Mr. Hyde
Werter Herr, verschiedene Umstände, die sich in letzter Zeit mehrfach
ergeben haben, veranlassen mich zu diesem Schreiben. Ich muß Sie
dringend bitten, auf die bisher doch zur beiderseitigen Zufriedenheit
eingehaltene Trennung unserer Bereiche wieder stärker zu achten.
(22. 7.
2002) |
Hermann Maier
Perfect day
Dieser Gesang, diese Stimme, sie gaben dem hiesigen Dunst aus Rauch,
Schweiß und Alkohol etwas Heimeliges; versetzten uns in diese angenehm
versöhnliche Stimmung. Alles erschien mir plötzlich in einem milderen
Licht. Und als Lou Reed so sang und wir beschwipst mitsummten,
wusste ich, dass es im Grunde schon o.k. war, mit M. beisammenzusein.
(13. 7.
2002) |
Rupprecht Mayer
Endstation Golgatha
Das Taxi setzte M. in der brütenden Mittagshitze an der Trambahnstation
Straße des Kreuzwegs ab. Die schon ländlich wirkende Straße führte auf
einen Hügel außerhalb dieser Stadt, die außer einigen Kirchen mit
bröckeligen Barockfassaden und tropischen Bäumen mit Luftwurzeln keine
Attraktionen aufwies, wenn man von ihren schönen Frauen absah. Touristen
blieben deshalb höchstens zwei Tage.
(8. 7. 2002) |
Reinhard Winkler
Automobil
Die neue Fotoserie von Reinhard Winkler im Juli 2002
(3. 7. 2002) |
Olaf
Reins
Die Beerdigung des P. Laurenzio
Ferdinand Junkers war Journalist. Freiberuflich. Er arbeitete
vom heimischen PC aus für die Internet-Ausgabe einer, wie es so schön
heißt, "bedeutenden deutschen Tageszeitung". Im Grunde eine Notlösung,
für ihn, denn eigendlich war Ferdinand Schriftsteller. Doch
bedauerlicherweise auch ambitioniert. Und damit war eher Geld zu
verlieren, denn zu verdienen.
(28. 6. 2002) |
Alfred
Haiger
Angedacht – zu Ende gedacht
In zahlreichen Ausgaben von "Blick ins Land" (BIL) nimmt der
Gutsbesitzer Dipl.-Ing. Maximilian Hardegg zu verschiedenen
landwirtschaftlichen Themen in der Kolumne "Angedacht" Stellung. Diesmal
möchte Alfred Haiger – aus seiner Sicht – einige der dort angesprochenen
Themen "zu Ende denken".
(20. 6. 2002) |
Franz
Wagner
Advanced Research Projects Agency
Eine kurze Geschichte des Internet Was
Millionen vernetzter Computer heute verbindet, ist eine Technologie, die
fast ausschließlich auf die Bemühungen einer im kalten Krieg gegründeten
Forschungsorganisation zurückgeht: der ARPA. Mit ihrer Hilfe gelang es,
die weltweit erste Verbindung zwischen zwei weit voneinander entfernten
Computern herzustellen. Daraus entwickelte sich das ARPA- und später das
INTERNET.
(12. 6. 2002) |
Reinhard Winkler
Sterbenswörtchen
Einmal hatte sie ihm eine angebissene Schokolade unter den Teppich
geschummelt.
(8. 6. 2002) |
Bernhard Flieher
Gesucht: Will Oldham
Will Oldham, großes Genie im weiten Land des Songschreibens, hat als
Bonnie "Prince" Billy mit dem Album "Ease down the road" zwölf neue,
zarte Songblüten veröffentlicht.
(22. 5. 2002) |
Manfred Ach
Worte meines Vaters mein Leben betreffend
Alles mit Maß und Ziel der große Überblick und der goldene Mittelweg
gutbürgerlich genügt fürs erste aller Anfang ist schwer das will gelernt
sein Lernjahre sind keine Herrenjahre da heißt es die Zähne
zusammenbeißen weißt ja selber vergiß nicht das Licht auszumachen den
ganzen Tag sitzt du im Keller Menschenskinder ist hier eine Luft drin.
(16. 5. 2002) |
Romina
Lutzebäck
Zum Terror des 11. September
Die Verantwortung für die Welt als ganze
zu übernehmen, fällt heute, angesichts des Terrors, schwerer denn je.
Nur wer fähig ist, das "Böse" nicht zu verdrängen, nicht nur dagegen
anzukämpfen, sondern es als Teil von sich selbst und als Teil der
eigenen Kultur zu betrachten, wird fähig sein, positive Alternativen der
Zukunft zu entwickeln.
(10. 5. 2002) |
Karin
Lukas
Globalisierung und Menschenrechte
Die neoliberale Form der Globalisierung stößt wegen ihrer
"Menschenrechts- verletzungen" auf zunehmende Proteste innerhalb der
Zivilgesellschaft. Die Globalisierungskritiker fordern nicht zuletzt die
weltweite Respektierung bzw. Durchsetzung von sozio-ökonomischen
Kernrechten, wie z.B. das Recht auf Mindestlöhne, das
Diskriminierungsverbot von Arbeitnehmern/-innen oder das Verbot von
Kinderarbeit.
(5. 5. 2002) |
Rupprecht Mayer
Im Wald der Gummibäume
Er war seit drei Jahren wieder auf der Suche nach einem Menschen, zu dem
er nett sein konnte. Er würde sich am Beckenrand hinter ihn stellen, ihn
fest umarmen und sich während des Falls so drehen, daß er selbst zuerst
mit dem Rücken das Wasser berühren, der umarmten Person also den Schmerz
des Aufpralls ersparen würde.
(29. 4. 2002) |
Heinz
Pusitz
Ansprache zur Entwicklung des Mutes
Der Eingang zur Nationalbibliothek war leicht zu nehmen. Konnte ich sicher
sein? Rupert war da, wie so oft. Isabella kopierte hektisch und trotze den
Wartenden. Ich arbeite an meiner Dissertation. So gesprochen. Den neuen
Ritualartikel einbauen. Formaler Drama- und Performanceapproach.
(25. 4. 2002) |
Interview mit Fritz Gurgiser
"Begrenzte
Täler vertragen keinen unbegenzten Verkehr"
Die Periode des weiteren Infrastrukturbaus und der weiteren
Liberalisierung des Transitverkehrs muss beendet werden, meint Fritz
Gurgiser vom Transitforum Austria-Tirol. Sie zerstöre den Lebens- und
Wirtschaftsraum der alpinen und der europäischen Bevölkerung.
(15. 4. 2002) |
Hermann Maier
Jesus Christus - Superstar
So am Kreuz zu enden, war wohl nicht ganz das, was er sich vorgestellt
hatte: Er wollte leben. Die Welt verändern. Vielleicht geliebt und
bewundert sein. - Es misslang: Verzweifelt stößt er sein "Eli, Eli, lema
sabachthani?" hinaus. Dann verschwindet er.
(3. 4. 2002) |
Reinhard Winkler
Frau Novak
Frau Novak, die Religionslehrerin meiner Volksschulzeit, nannte mich
einmal ihr "Sorgenkind". Weil ich Jesus immer so schlampig zeichnete.
(30. 3. 2002) |
Vasile
V. Poenaru
Schriftstellerei: ein Job
Fast Food statt tiefgehender Analyse: Wer heute Texte
verkaufen will, muß sich immer hemmungsloser den Erfordernissen des
Marktes, der Politik und der schweigenden Mehrheit anpassen, um
überhaupt noch auf der Bildfläche zu erscheinen.
(17. 3. 2002) |
Alfred
Haiger
Landwirtschaft
am Scheideweg
Landwirtschaft der Zukunft muss sich einen anderen Umgang mit
Boden und Tieren und die Arbeit an einer heimischen Kultur auf ihre
Fahnen heften. Der Konsument soll sich für steirische Äpfel entscheiden.
Und überhaupt "muss sich jeder Staat seine Grundnahrungsmittel auf der
Basis der natürlichen Bodenfruchtbarkeit und einer artgerechten
Tierhaltung selbst erzeugen und gleichzeitig die gewachsene
Kulturlandschaft pflegen.
(13. 3. 2002) |
Manfred Ach
L'art pour L'art
Jack the Ripper / hing die Därme von Mary Kelly / um einen Bilderrahmen
an der Wand.
(10. 3. 2002) |
Franz
Wagner
Olaf
Stapledons "The Star Maker"
Die Science Fiction bloß als Unterhaltungsliteratur und als
eine Form des Irrationalismus zu betrachten, ist nicht unbedingt
richtig. Olaf Stapledons "Star Maker" beispielsweise ist eines jener
Werke, das aufgrund seiner phantastisch-philosophischen Elemente zwar
zur Science Fiction gerechnet wird, aber doch viel mehr mit den großen
utopischen Romanen Orwells, Bradburys oder Huxleys zu tun hat als etwa
mit dem "Raumschiff Enterprise".
(01. 3. 2002) |
Andreas Exner
Guter Markt, böser Welt-Markt?
Ist es eigentlich sinnvoll, den lokalen gegen den globalen
Markt in Anschlag zu bringen? Anhand von zehn häufigen Argumenten für
den lokalen Markt möchte Andreas Exner zeigen, warum sich die gängige
Weltmarkt-Kritik "in den Grenzen des polizeilich Erlaubten und des
logisch Unerlaubten" (Marx) bewegt. (Der Artikel versteht sich übrigens
als Ergänzung zu Christian Felber und seinen "Zehn Thesen gegen den
Weltmarkt").
(25. 2. 2002) |
Bernhard Flieher
Für immer hier und da
Bob Dylan will nicht an vergangene Zeiten erinnern. Sein enormes
Repertoire ist ihm vielmehr das Material, das er so lange bearbeitet,
verändert und uminterpretiert, bis es wieder das ausdrückt, was er hier
und heute fühlt.
(18. 2. 2002) |
Manfred Ach
Bizarr
Last und Leid nach Lust und Laune, sie vom Scheitel bis zur Sohle in
Samt und Seide, er nackt und bloß in Sack und Asche oder toll und voll
mit Kappe und Schelle oder hinter Schloß und Riegel mit Spott und Hohn,
wund und weh mit Wissen und Willen in Gedanken, Worten und Werken, ein
Zurren und Zerren, ein Zippeln und Zappeln, ein Zittern und Zagen Zug um
Zug. Sie hält ihn streng und nimmt ihn ins Gebet, so kriecht er zu
Kreuze.
(12. 2. 2002) |
Markus
Murauer
Eltern sind unser Schicksal
Erinnern oder Vergessen? Die Vergangenheit aufarbeiten oder ruhen
lassen? Monika Maron fand die Briefe ihres Großvaters Pawel in einer
alten Schachtel und entschloss sich, der Vergangenheit nachzugehen.
Herausgekommen ist ein Buch, das die Problemfelder der deutschen
Geschichte des 20. Jahrhunderts anhand des Schicksals ihrer Familie
exemplarisch aufzeigt.
(5. 2. 2002) |
Interview mit Marko M. Feingold
Im letzten Anzug gibt es keine Taschen
Marko Feingold, der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde
Salzburgs, im Aurora-Gespräch über die jüdische Totenkultur, die
Wiedergutmachungszahlungen und die latente österreichische
Judenfeindlichkeit.
(28. 1. 2002) |
Manfred Ach
Königlich
Weiß eröffnet scharf und zweischneidig. Schwarz schlägt voll in die
Flanke. Weiß bricht auf der g-Linie durch. Schwarz drückt den
Damenflügel ein. Weiß kontrolliert die Brettmitte. Schwarz stemmt sich
auf d5 entgegen. Weiß schwächt den Stützpunkt e6. Schwarz rollt die
Frontstellung auf.
(19. 1.
2002) |
Vasile
V. Poenaru
Neue Ordnung muß sein: Mensch und Obrigkeit heute
Der Patriotismus besiegt den Rechtsstaat. So einfach und gleichzeitig
gefährlich scheint heute für viele demokratische Staaten das Rezept zu
sein, um am effizientesten mit dem Terrorismus fertig zu werden. Medien
werden auf Linie gebracht, Beweise fabriziert, willkürlich Verhaftungen
durchgeführt, ganze Länder eingeschüchtert. Eine sehr bedenkliche
Entwicklung.
(13. 1.
2002) |
Marianne Leersch
Der Gruß
Mit gesenktem Blick stand M. starr in der überfüllten Fußgängerzone. Vor
ihm, hinter ihm, rechts und links neben ihm herrschte geschäftiges
Treiben. Gesprächsfetzen trafen immer wieder auf seine Ohren, prallten
ab und wurden zurückgeworfen in die emsige Menge, die um ihn wogte.
(9. 1. 2002)
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