Nur,
wer will schon zu dieser späten Stunde singen? Oder gar
jodeln? Mir net. Also dann machen wir doch lieber Politik. Nackte
Tatsachen: Stronach is back. "Pass auf, ich sage
categorically, ich kenne niemand von EADS, ich habe nie verhandelt
und ich habe Aufträge abgelehnt für die Fighterjets."
Aufpassen: Jo des is categorically imperatively.
Nicht einmal
Kant hätte es besser ausdrücken können. Wie war das denn gleich? "Handle
immer so, dass man nie von dir sagen kann, dass eine Gegenhandlung
stattgefunden habe." Und in der Tat gab es "keine
Magna-Gegengeschäfte – sondern nur umgewidmete Deals", wie es Peter Pilz von
den Grünen sprachgewandt formuliert. Freilich: Wer dieser Behauptung (oder
Gegenbehauptung?) auf den Zahn fühlen will, wird sehr schnell darauf kommen,
dass es ja strenggenommen gar nicht die Deals sind, die umgewidmet wurden,
sondern die in den Deals festgehaltenen Verfügungen, die … besser gesagt:
Was wurde denn umgewidmet? … ja halt die Sprache, which is to say … now wait
a minute! Die Sprache kann ebensowenig umgewidmet werden wie die Deals. Die
Sprache kann einem allerdings in einem gewissen Maße
abhanden kommen, so weiß es der Leumund
– besonders wenn einer seinem Land und seiner Sprache eine Zeit lang
abhanden kommt. Alles klar?
Aber
jetzt ist Stronach wieder da, und sein Deutsch ist auch wieder da. Mir woin
net streitn und gleich rechthaberisch mit dem roten Filzstift in der
Kronen-Zeitung herumkritzeln, nur weil sich im Laufe der letzten paar
Jahrzehnte ein klein bisschen Englisch in seine Mentali tät
eingenistet hat. Der Spiegel macht sich dabei
allerdings mit pseudo-linguistischer Unerbittlichkeit über ihn her, weil
Stronach, so Walter Mayr (DER SPIEGEL 40/2012),
"in unvollkommenem Deutsch" spricht, was seinerseits so fürchterlich
unfein, ja linkisch (wollen wir "unvollkommen" sagen?)
ausgedrückt ist, dass sich einer da lieber raushält;
nicht weil sich Frank Stronach als der Milliardär, der er ja ist,
jederzeit den Grundwortschatz der deutschen Sprache mitsamt der Zweiten
Lautverschiebung und der Hinschwenkung des Hochdeutschen ins Oberdeutsche
kaufen und nach Herzenslust umwidmen kann, und auch nicht, weil er jeden
Widersacher, ja jeden Diskussionspartner gegebenenfalls ohne weiteres
niederbrüllt und dann gerne mundtot liegen lässt; nein,
ganz einfach weil Der Spiegel das blöd formuliert hat und wir
uns von einem solchen miesen Kriegsgeschrei nicht anfeuern lassen wollen.
Die Sprache an sich wäre freilich
… o, well … was soll’s? … Also: Back to the old country.
Samma wieda guat.
Und schön. Und
edel und gerecht. Und sagen wir mal ganz einfach, wie es war. Als ich mich
zum Beispiel um die Jahrtausendwende herum auf Einladung des damaligen
Honorar-Generalkonsuls der Republik Österreich in Toronto bei Gelegenheit zu
"unseren Austrians" zu begeben pflegte, wo einem gewöhnlich mit Kultur,
Politik, Musik und anständigen Apfelstrudelkonglomeraten aufgewartet wurde
(zugegeben, es gab öfters auch mal einen regelrechten Festschmaus), war
Frank Stronach längst eine Berühmtheit rund um den CN-Turm, rund um die
Großen Seen, rund um den Erdball.
"Kanada ist ein
wunderbares Land, tolerant und großzügig", erklärte der österreichische
Generalkonsul und Magna-Magnat etwa am 30. Oktober
1999 in der Roy Thomson Hall in Toronto, wo der österreichische
Nationalfeiertag (natürlich unter musikalischer Begleitung des
Österreichischen Alpenchors) mit vollem österreichisch-kanadischen Schwung
begangen wurde. "Wir Kanadier österreichischer Abstammung können stolz
darauf sein, auch durch unsere Herkunft einen Beitrag zur Kunst, Kultur und
Wirtschaft in Kanada geleistet zu haben." (Kanada Kurier, 18.11.1999)
Demenstprechend
stolz stolzierte ich durch den Saal und dachte an die Hofburg Wien, wo jeder
Wahlkampf ein kaiserlicher und jedes Team ein Winning Team ist, an den
SkyDome in Toronto, wo nur die Sprache des Baseball gilt, an die ... Ja
woran dachte ich denn noch? An die Kunst, Kultur und Wirtschaft. Dass es
hinter dem Stronach einen Frank gibt, dass jenseits des Teams ein Team
Spirit blüht, glüht, ein Teamgeist durch die liebe weite Welt geistert, ja
das konnte man damals wohl, ein Gösser in der Linken, eine Handvoll
Mozartkugeln in der Rechten, bei bestem Wissen und Gewissen nur ahnen.
Ich war ein
Greenhorn, ein Neuling im Ahornland, und ließ mich gerne in allerlei
austrokanadische (das kommt: kaiserlich-königliche)
Angelegenheiten einweihen, um nicht zu viele offene Türen einzurennen. Gott
sei Dank darf man als Journalist die blödesten Fragen stellen – besonders
wenn man auch eine Kamera mit sich herumschleppt. Bald wusste ich alles.
Bald war alles drin in meiner Kolumne: "Rund um den CN-Turm".
Stimmt, wir
hatten bei Stronach angefangen und sind bei mir gelandet (na wenn das nicht
Politik ist!) Wie sagte der berühmteste Austrokanadier aller Zeiten denn
gleich? "Ordnung reinbringen". Jawohl … Durchaus
angesagt. Zurück zur Tagesordnung. Zurück nach Österreich. Denn wenn
die Autoteile durcheinander sind, kann man nicht Auto fahren. Unser Team
gibt Gas. Jetzt kommt Frank – Unsinn, Frank kam ja schon viel früher. Aber
jetzt kommt er so richtig in Schwung.
Wir
aber schleichen uns mal kurz weg von der Stronach-Thematik, springen raus
aus dem Ontariosee, rein in die Salzach, runter vom CN-Turm, rauf auf die
Festung Hohensalzburg! Jetzt heißt es nur noch so schnell wie möglich ein
Geschäft abschließen, zum Beispiel ein Spekulationsgeschäft. Und eine
Vollmacht für Handelsgeschäfte mit Firmen und Institutionen brauchen wir.
Und ein Land, dass uns so eine Vollmacht erteilt – sagen wir mal das Land
Salzburg.
Auf gut
Austrokanadisch: Mir moch'n an Deal. Mit anderthalb Prozent ist es nämlich
nicht getan, reden die Finanzberater auf ihre Opfer ein – ob diese nun
Landesregierungen oder Privatpersonen sind. "Sechs, sieben, ja acht Prozent
Rendite und sogar mehr dürfen Sie mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit erwarten, wenn Sie das Fingerspitzengefühl unserer
Fachleute wahrnehmen und diesen sehr schönen und gescheiten Fonds Ihr
Vertrauen schenken, auf die neuerdings alle so scharf sind ... aber
natürlich haben wir – nur für Sie, cause only you, wenn mal ein Intermezzo
erlaubt ist, only you can make my dreams come true, wie es schon der Dichter
einst vollkommen richtig formulierte, wie bitte? Nein,
die deutsche Übersetzung hamma net, machens schon, aber ganz schnell,
bitte bitte bitte, sonst laufen die Fonds davon, die haben nämlich Beine,
und die Träume erst recht, was die für Beine haben, und wie die davonlaufen,
also hier, hier und hier unterschreiben – noch immer jede Menge auf Lager!"
Schee! Salzkammergutverbriefungen (ja, stimmt, Briefe aus
dem schönen Salzkammergut, aus drei Bundesländern, nur, die sind auch was
wert), Großglockner-Fonds, Großvenediger-Bonds, Dachsteinblick-Fonds,
Untersberg-Bonds – und zur Abwechslung auch mal Fonds aus Worms. Kaufen!
Kaufen! Kaufen!
Auf solche
Tricks sind schon viele reingefallen – aber sie wirken immer noch
erstaunlich gut. Im Nachhinein würde freilich keiner von sich annehmen, dass
er selber gegebenenfalls so blöd gewesen wäre. Und doch. Sogar gescheite
Menschen können einen blöden Fehler machen. Sogar das Land Salzburg musste
infolge des Ende 2012 bekannt gewordenen Salzburger Spekulationsskandals
340 Millionen Euro an Verlusten hinnehmen, weil
Spekulationen an der Börse nicht mehr und nicht weniger sind als das, was
schon der Name andeutet: Spekulationen.
Aus
der guten alten Steiermark, das heißt aus Stronachs Heimat, wo man nur die
Hand ausstrecken muss, um in den vielen Seen des Salzkammerguts zu
schwimmen, zog ein weiterer weltberühmter Österreicher (genauer gesagt,
einer, der ebenfalls mal weltberühmt werden sollte)
nach Nordamerika, ein anderes Originalgenie der neueren Sorte, ein
anderer zeitgenössischer Kraftkerl, der seinerseits schon eher mit dem
vereinfachenden rechtskonservativen Gedankengut vorlieb nahm: der Terminator
Arnold Schwarzenegger. "I will terminate the economy". Anführungszeichen
weg. Fingiertes Zitat.
Und einen
Dritten verschlug es von Oberösterreich nach Upper Canada. Dort machte er
sich daran zu schreiben, was er sah. Er schaute sich den CN-Turm an und
stellte fest: "A leidlicher Turm." Er kletterte bis an die Spitze und sah
rundherum Hochhäuser. Rundumadum, wie er damals noch meinte. Doch wie gesagt
geht es ja nicht um den Dritten, wie sehr ich auch immer in erster Linie
(nicht ungleich Handkes Don Juan) von mir selbst und meiner Toronto-Zeit
erzählen möchte. Nein, es geht um die ganz Großen, ja es geht um das Gesetz
der Großen Zahl.
It’s the
economy, stupid! wusste ein Bill Clinton es vor Jahren auf den Punkt zu
bringen. Back in the day, als er noch das Sagen hatte – das heißt irgendwie
hat er’s ja auch jetzt noch. Zum Beispiel auf dem Parteitag der
US-Demokraten. Oder wenn er mal nur so, als Werbung für Team Stronach,
bekundet, dass er auf seine Freundschaft mit Frank stolz sei. Und es ist
nach wie vor die Wirtschaft, um die sich alles dreht. Und der Finanzsektor.
Und die Politik. Und die Ideologie. Und die Verhältnisse. Und Bills Freund
Frank hat viele Jobs geschaffen.
Weit
ausgeholt? I woa ß,
i woaß ... Noch viel zu sogn? Und ob! Doch meine
kurze Rede (galante Verbeugung in Richtung hochgeehrte Wählerschaft)
neigt sich ihrem glorreichen Ende zu. I kriag von dia net gnua, schreit mir,
dem flinken Kanulenker austrokanadischer Ausdrucksweise, so stelle ich es
mir gerne vor, die Hofburg entgegen. Jetzt komme ich. Bitte? Kein Gösser
mehr? Dann komm ich nicht. Dann bleib ich hier – und schlafe ein.
Ach so ... A
Kaiser! ... Well, that’s even better. Die meisten
Politiker sind inzwischen wieder aufgewacht und machen – ja, was sonst?
– Politik. Tausende Fußgänger, Fiaker, Autofahrer, Landeshauptmänner
und Premiers werden sich noch viele Jahre lang an den Rhythmus dieser
austrokanadischen Überlegungen zum Zeitgeist der Politik erinnern, an die
innere Melodie meiner heimbringenden Entäußerung aus dem Land der Skydome
(aus dem Land am Ontariosee), an das kraftvolle Drum und Dran rund um die
wohl freilich nie so richtig angekommenen Bedeutungskonstellationen
österreichisch-nordamerikanischer Kraftkerle, an die geheime Botschaft
dieser klangvollen Team-Wehen-Dokumentation, wenn man so sagen darf, dieser
leisetreterisch verbrieften k. und k. Standortbestimmung mit freilich
äußerst beschränkter Haftung, an den standfesten Governor der Republic of
California, an den gewaltigen Honorar-Generalkonsul der Republik Österreich
in Toronto, an den letzten schreibkräftigen Paparazzo einer untergegangenen
deutschsprachigen Zeitung im Land der Großen Seen, an die Apfelstrudel, an
die Linzer, an die Politik, an das ... Moment: A
Team Leader im Fernsehen. Mal sehn, was er sagt. Hoamat? Categorically!
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