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Nae Caranfil und der rumänische Film
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Dass der Geldmangel der rumänischen Filmwirtschaft kein Hindernis
für gute Filme und beeindruckende Initiativen sein muss, zeigen zwei junge
einheimische Regisseure: Nae Caranfil und Tudor Giurgiu.


Von Alexandra Oşan
(01. 01. 2007)

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    Der rumänische Regisseur, Schauspieler und Drehbuchautor Nae Caranfil gilt als einer der besten Regisseure Rumäniens der neunziger Jahre. Er wurde am 7. September 1960 in Bukarest geboren. Sein Vater ist Tudor Caranfil, ein prominenter Filmkritiker und Filmhistoriker. Die meisten von Caranfils Produktionen sind gesellschaftskritische Komödien, die Drehbücher dazu schrieb der Regisseur bisher ausnahmslos selbst.

Seine ersten Kurzfilme drehte Nae Caranfil bereits während seines Studiums am Bukarester Institut für Theater- und Film: "Venedig im September" (1983) und "Dreißig Jahre schlaflos" (1984). Vier Jahre später kam mit "Backstage" ein weiterer Kurzfilm hinzu. Er selbst spielte in zwei Produktionen mit, in "Jeden Tag vermisse ich dich" (1987), welcher unter der Leitung von Gheorghe Vitanidis gedreht wurde, und in dem von ihm selbst inszenierten Film "Philantropie" (2001). Ebenfalls von ihm stammt "Nicht aus dem Fenster lehnen" (1993), eine Geschichte, die aus drei verschiedenen Blickwinkeln erzählt wird: der erste Teil handelt von einer Studentin, im zweiten geht es um einen Soldaten, der dritte berichtet über das Leben einer Theaterschauspielerin. Dieser Film erhielt eine Vielzahl von Preisen: den UCIN-Preis (Uniunea Cineastilor din Romania, Vereinigung rumänischer Filmemacher, Anm.) für das beste Drehbuch 1993, den Opera-Prima-Preis, den Kritiker-Preis des Mittelmeer-Filmfestivals Montpellier, den großen Forum-Festival-Preis in Bratislava und den speziellen Jury-Preis in La Baule (1994). Außerdem wurde der Film für den Quinzaine des Réalisateurs in Cannes ausgewählt. Drei Jahr später drehte Caranfil "Asphalt Tango", wofür er den UCIN-Preis für die beste Regie erhielt. Angemerkt sei, dass Caranfil auch an der Komposition der Melodien in den Filmen "Nicht aus dem Fenster lehnen" und "Asphalt Tango" mitgearbeitet hat.

Im Jahr 1998 drehte Caranfil das Historiendrama "Die süße Kunst des Müßiggangs". Hierfür ließ er sich von Frédéric Vitouxs gleichnamigem Buch inspirieren. Für seine Leistung erhielt er 1998 beim Internationalen französischen Filmfestival Namur den Goldenen-Bayard-Preis für das beste Drehbuch. Der Film wurde auch für den besten Film beim Internationalen Festival des französischen Films und für die Kristallkugel des Internationalen Festivals in Karlovy Vary (1999) nominiert.

    Im Jahre 2001 wurde dann "Philantrop" ausgestrahlt. Darin geht es um einen Lyzeumslehrer der neunziger Jahre, der von seinem Gehalt nicht leben kann und deshalb versucht, nebenher Geld zu verdienen. Er arbeitet für einen Mann, der Menschen anhand ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten Rollen auf den Leib schreibt und sie anschließend zum Betteln auf die Straßen Bukarests schickt. Im Gegenzug müssen sie ihm einen Teil ihrer Einnahmen abgeben. "Philantrop" erhielt im Jahr 2001 gleich in sechs Kategorien den UCIN-Preis: bester Film, bestes Drehbuch, beste Schauspielerin (Mara Nicolescu), bester Schauspieler (Mircea Diaconu), beste Kostüme sowie der Spezialpreis für den Schauspieler (Mircea Dinica). Außerdem hat Nae Caranfil folgende Preise angesammelt: Europäischer Jury-Preis für die Jugend beim Internationalen Filmfestival der Liebes-Filme in Mons; Jury-Spezialpreis in Wiesbaden; Publikumspreis" beim Pariser Filmfestival (alle 2002); im Jahr darauf Preis für das beste Drehbuch in Newport Beach, USA; Publikumspreise in Bratislava und beim Internationalen Filmwochenende Würzburg.

Zurzeit ist Caranfil Professor an jenem Institut, an dem er selbst studiert hat, und dreht den Film "Der Rest ist Stille", der 2007 erscheinen soll.

 A propos: Das rumänische Filmwesen

    In Rumänien gibt es fast keine privaten Gelder und aus diesem Grund sind die Regisseure auf staatliche Filmförderung angewiesen. Die dafür zuständige Institution ist die "Centrul National de Cinematografie" (CNC), die vom Staat nur wenig Geld zugeteilt bekommt. Der größte Teil der Einnahmen stammt vom Verkauf der Kinokarten, vom Videohandel und aus der Werbung.

In Rumänien gibt es zwei große Produktionsfirmen, und zwar "Mediapro Pictures" und "Castel Film". Das Problem für den rumänischen Film liegt jedoch darin, dass diese Unternehmen vornehmlich an ausländischen Produktionen interessiert sind, weil diese ihrer Meinung nach mehr Geld einbringen. Außerdem fördert der CNC meistens solche Filme, dessen Regisseure zugleich Politiker sind, anstatt die jüngere Generation von Filmschaffenden zu unterstützen.

Aus diesem Grund suchen rumänische Nachwuchs-Regisseure nach finanzkräftigen Partnern aus dem Ausland oder gründen selbst eine Produktionsfirma. Sie haben gelernt, sich auch ohne staatliche Filmförderung durchzusetzen. Ein gutes Beispiel dafür ist Tudor Giurgiu, der im Jahr 2002 zusammen mit einigen Freunden und ohne staatliche finanzielle Unterstützung in Klausenburg das "Transilvanian International Film Festival" (TIFF) ins Leben rief. Dieses Festival wird von Jahr zu Jahr größer und es wird auch international immer stärker zur Kenntnis genommen.


 

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