Aus einer Laune heraus
nimmt der Prinz Yvonne, die hässliche Prinzessin, zur Frau. Das Stück stammt
aus den 1920er Jahren, ist aber unvermindert aktuell. Der Prinz, der wie
Büchners Leonce an Lebensüberdruss laboriert, kann der Widerspenstigen, fast
Stummen anfänglich einiges abgewinnen, da sie sich den Menschen und
höfischen Zwängen radikaler verweigert, als er es selbst zuwege bringt.
Ein wenig wie Jason bei
Medea ist er von den ungeschlachten Formen seiner Erwählten
–
sie setzt sich auf den Boden, anstatt auf die lächerlich kleinen Stühle
–
fasziniert, lässt sie jedoch fallen, als Yvonne seinem Interesse mit
Zuneigung begegnet.
Yvonnes Stummheit und
Unangepasstheit fordert ihre Umgebung heraus; an ihr entzündet sich die
Schlechtigkeit der Königsfamilie, die sie zu guter Letzt während eines
Banketts in friedlicher Eintracht ermordet. Das Stück mit seinen
schematischen Figuren ist eine Groteske, die sich verschiedener Vorbilder,
etwa Büchners "Leonce und Lena" und Typen der Commedia dell'Arte, bedient.
Es sollte einem im Hals stecken bleiben, so wie es die Fischgräte tut, die
sich letal im Hals der Prinzessin verfängt.
Die Balance zwischen
groteskem und psychologisch überzeichnetem Spiel gelingt nur wenigen
Schauspielern des Abends. Silvia Fenz als Yvonne gehört dazu, ihre dunkle
Stimme, die nur ganz selten sibyllengleich zu hören ist, bildet einen
reizvollen Kontrast zu den sphärischen Klängen, mit denen die Musikkapelle
ihren Auftritt unterlegt und ihre Andersartigkeit hervorstreicht. Diese wird
auch am Altersunterschied zum Rest des Ensembles evident. Mit Punkstiefeln
und Strohhut, Luftballon und Spaßmacher-Glöckchen strahlt Fenz zugleich
Zartheit und Widerständigkeit aus. Brillant Beatrice Frey, die die
Schwiegermutter Yvonnes, Königin Margarethe, gibt. Sie spielt die Figur im
Stil einer Disney-Zeichentrickfigur, arg grimassierend, mit klarer Diktion
und einer phänomenalen Präsenz.
Da kann ihr Rainer Frieb
als König Ignaz nicht annähernd das Wasser reichen. Wie sein näselnder
Kammerherr (neben der Rolle: Gerd Rigauer) richtet er sich in einem
weinerlichen Wienerisch ein, das in diesem hochgradig künstlichen Stück
nichts zu suchen hat. Andreas Seifert spielt den Thronfolger konsequent
verdrossen, mit Mundwinkeln, die fast den Erdboden streifen. Anja Schiffel
als scharfe Braut und schlussendliche Gemahlin des Prinzen bezaubert mehr
durch ihr Äußeres als durch schauspielerische Akzente. Überhaupt stehen
viele Schauspieler, wenn sie gerade nicht sprechen, recht einfallslos herum.
Die comicstripartige Note,
die in den Kostümen Florian Parbs durchschlägt, hätte die Regie beherzter
aufgreifen sollen. Vieles bleibt in Klamauk und mildem Slapstick stecken, wo
Schrillheit und Verfremdung erforderlich gewesen wären. Einen Geschmack
davon gibt die Henkersmahlzeit, die in eine alptraumhaft-surreale Sphäre
gerückt ist.
Highlight
und auffälligstes Stilmittel in Crombholzs Inszenierung ist die Kapelle im
Parterre (Bandleader: Sandy Lopicic), die mehr als
den zirkusüblichen Tusch beherrscht. Das Stück über begleitet und ergänzt
sie die Sprechenden mit Hammondorgel, Drehleier, Maultrommel und Schlagwerk
und sorgt so für die nötige Schräglage, die die Darsteller mit wenigen
Ausnahmen nicht herzustellen vermögen. Schön und bedeutsam die Schlussszene,
in der Yvonne noch als Tote ihre Umgebung in die Knie zwingt.
Warum eine Zirkusarena? Es
wurde nicht klar, warum "Yvonne" so und nicht anders auf die Bühne kommt.
Der Regisseurin ist es nicht gelungen, in dieser Arena die Zumutungen einer
Außenseiterexistenz herauszuarbeiten. Langeweile droht; zu abgegriffen und
saftlos wirkt manches Arrangement.