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Von Irina Wolf |
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Ein Auto, zwei Ampeln, eine Bushaltestelle, ein Bildschirm. Vor allem aber füllt ein riesiges rotes Herz die Bühne im Odeon-Theater in Bukarest. Regisseurin Carmen Lidia Vidu und Bühnenbildner Adrian Damian entschieden sich für ein Gemälde von Roman Tolici (1), um Menschen der Z-Generation für die Aufführung Das zerbrechliche Gefühl der Hoffnung zu gewinnen, da es darin um autobiografische Geschichten geht, die von Gleichaltrigen für "gen.revista" (Genre.Zeitschrift) geschrieben wurden. Die Spannweite der Themen reicht von sexuellem Missbrauch und psychischen Erkrankungen über die Beziehung zur Religion oder zum eigenen Körper bis hin zum Verlust eines Elternteils und den Umzug in ein anderes Land vor dem Hintergrund der Wirtschaftsmigration. Eine Geschichte schließt sich der anderen an, wobei das Mobiltelefon als Kommunikationskanal verwendet wird: Jede Figur legt ihr Geständnis ab, indem sie sich selbst mit dem Handy filmt. Die dadurch erzeugten Bilder werden in Echtzeit auf dem Bildschirm festgehalten und an das Publikum übertragen. Skateboarden, Fahrradfahren und Inline-Skaten verleihen den nüchternen Erzählungen Dynamik. Die Produktion ist eine siebenteilige performative Installation, die aus Monologen, Choreografie, Zeichnungen, Fotos und Live-Videos besteht. Vidus Inszenierung eröffnet erfolgreich einige Debatten über die Notwendigkeit, jungen Menschen Aufmerksamkeit zu schenken, ein Hauptaugenmerk, das ebenfalls von der abschließenden Videointervention des Arztes Gabor Maté unterstützt wird. *** Autobiografisch ist auch Eugen Jebeleanus berührendes Geständnis, das in der unabhängigen Spielstätte "Bildungstheaterzentrum Replika" gezeigt wurde. Geschrieben, inszeniert und aufgeführt von Jebeleanu selbst, handelt Der Preis des Goldes von seinem Traum, ein Meister im Sporttanz zu werden. Schon mit fünf Jahren begann er diesen Sport zu treiben, den er bis 15 Jahren ausübte. Aufgeteilt in zwei Teile (Standard und Latino) und in zehn Unterkapiteln, jeweils nach einem Tanz betitelt (vom langsamen Walzer über Tango, Slow Fox, Cha-Cha-Cha bis hin zu Paso Doble und Jive), wird die Geschichte durch Fotos aus Jebeleanus persönlichem Archiv bestärkt. Es geht um harte Trainingseinheiten und Missbrauch, aber auch um gestörte Familienbeziehungen und Selbstfindung. Jebeleanus Geständnis ist seinem verstorbenen Vater gewidmet; ein Versuch, die angespannte und unerfüllte Sohn-Vater-Beziehung wiederherzustellen. Zwei professionelle Tänzer werden zu Tanz-, Schauspiel- und Diskussionspartnern für den Hauptdarsteller. Tanzeinlagen, bei denen Zuschauer zum Mitmachen eingeladen wurden sowie ein zwischen den beiden Teilen eingefügtes Publikumsgespräch, erfreuten sich großer Beliebtheit. *** Im Bulandra-Theater wählt Regisseur Andrei Şerban Robert Ickes zeitgenössisches Stück Ödipus, um über unsere Gegenwart zu sprechen. Der Text des englischen Autors ist eine kraftvolle Neufassung des berühmten Mythos, die von aktuellen sozialen Problemen, Wahrheiten und Lügen, dysfunktionalen Familien, Homosexualität, Vergewaltigung und Pädophilie spricht. Ödipus ist ein Präsidentschaftskandidat, der auf die Wahlergebnisse wartet. Das Drama spielt sich in Echtzeit in den zwei Stunden nach der Stimmabgabe ab, wobei eine Digitaluhr den Zeitablauf rückwärts anzeigt. Ickes Ödipus ist ein Mann, der aus bescheidenen Verhältnissen stammt und durch seine Redekunst ein Land erobert hat. Er ist ehrlich und bestrebt, die Welt in Ordnung zu bringen. Seine Anständigkeit drückt sich in seinem Bedürfnis nach Wahrheit aus, die von der ersten Szene an zum Ausdruck kommt, als er ankündigt, dass er nach der Wahl seine Geburtsurkunde veröffentlichen und den Fall des mutmaßlichen Todes von Laios erneut aufrollen wird. In das von Carmencita
Brojboiu geschaffenen Bühnenbild, das stark auf Farbenspiele setzt,
durchlebt Ödipus' Familie die zwei Stunden voller Geheimnisse und
Offenbarungen. Nach und nach werden alle Gegenstände, die den Raum als
Hauptquartier des Wahlkampfs kennzeichneten, von der Bühne entfernt. Der
Platz ist geräumt. Doch die Bedrohung liegt noch immer in der Luft. Am
interessantesten ist jedoch der umgekehrte Weg, den der Regisseur
vorschlägt, der Ickes Text in einem persönlichen Stil adaptiert. Sein
Tiresias ist kein zeitgenössischer Prophet, sondern stellt eher die direkte
Verbindung zur Welt des Sophokles dar – eine seltsame Erscheinung im überaus
modern ausgestatteten Bühnenbild und in dieser fieberhaften Stimmung voller
Plakate und Journalisten. Gespielte Szenen vermischen sich mit
geheimnisvollen Bildern von projizierten Wäldern und antikem Amphitheater.
Andrei Şerbans
Inszenierung wirkt verstörend. Vor allem die letzte Szene fasst Şerbans
symbolische Meditation über menschliche Freiheit zusammen, als die
Schauspieler mit verbundenen Augen, mit Ausnahme von Ödipus, Hand in Hand
zur Rampe schreiten. __________________
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